Naomi zu Gast in Württemberg
Das Projekt Naomi Thessaloniki ist mit seinen Angeboten für geflüchtete Menschen ein Gegenpol zu Griechenlands restriktiver Flüchtlingspolitik. Jetzt waren vier Mitarbeitende bei der Diakonie Württemberg zu Besuch.
In Rahmen eines Erwachsenenbildungsprojekts über Erasmus+, das von der Nationalen Agentur NA-BIBB gefördert wird, hielten ein Vorstandsmitglied und drei Mitarbeiterinnen Vorträge über die Inhalte und die Methoden der Arbeit bei Naomi. Und sie lernten die Arbeit mit geflüchteten Menschen der Diakonie Württemberg kennen.
Seit acht Jahren bietet das Projekt Naomi Thessaloniki, Ökumenische Werkstatt für Geflüchtete, Asylsuchenden und geflüchteten Menschen persönliche Stärkung und eine Tätigkeit. Naomi wird mit finanziert von Hoffnung für Osteuropa der Diakonie Württemberg.
Aus den ersten Ansätzen der humanitären Hilfe hat sich eine Werkstatt entwickelt, in der die Geflüchteten zunächst ankommen konnten, ein menschliches Netzwerk fanden und selbst nähen konnten. Unter den Geflüchteten waren Menschen, die bereits als professionelle Schneider oder Näherinnen in ihren Heimatländern tätig waren. Sie brachten das Können mit und so erweiterte Naomi ihr Angebot um eine Nähwerkstatt. Seitdem haben 25 Menschen in Europa Arbeit gefunden. Eine eigene Produktion mit fair angestellten geflüchteten Mitarbeitenden soll mittelfristig die Finanzierung sichern.
Nun haben vier Mitarbeitende von Naomi Einrichtungen diakonischer Flüchtlingsarbeit in Württemberg besucht. Maria Eleftheriadou, Erwachsenenbildnerin, leitet den „Safe Space“, der sich neben einem Flüchtlingslager befindet. Dort erhalten Frauen und Mädchen Soforthilfe, Bildungsangebote und finden Gemeinschaft. Dr. theol. Petros Panagiotopoulos ist Vorstandsmitglied der gemeinnützigen Naomi-Gesellschaft. Er ist Universitätsprofessor und Mitglied der griechisch-orthodoxen Kirche und hat umfassende Kenntnisse der politischen Situation bezüglich Flucht und Migration in Griechenland. Gabriella Sampsonidou, Soziologin und Berufsberaterin, leitet die Sozialabteilung der Textilakademie, Werkstätten für gefährdete Frauen und Minderjährige sowie den Sozialdienst. Sie ist besorgt über die prekäre Situation von Flüchtlingen in Griechenland. Zoi Keskinidou, leitet die Naomi-Textilproduktion, in der Geflüchtete eine faire Beschäftigung finden. Sie stellen qualitativ hochwertige Produkte her, vor allem im Bereich des Upcyclings.
Bei den Besuchen in Württemberg konnten die griechischen Gäste wertvolle Erfahrungen sammeln. Ein Ergebnis war, dass Deutschland und Griechenland im europäischen Kontext noch näher zueinander gefunden haben. Der Besuch einer Delegation der Diakonie Württemberg im Mai in Thessaloniki im Rahmen des Erasmus+-Programms stand also nicht allein für sich da, sondern es gab nun diesen Gegenbesuch, und damit verbunden auch einen Einblick der Griechen in die Situation der Geflüchteten in Deutschland.
In der knappen Zeit ist es gelungen, Begegnungen mit Kirchengemeinden, Geflüchteten, Migranten, Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen in der Arbeit mit und für Geflüchtete zu ermöglichen. Der Einstieg in das Programm mit einem Gottesdienst in Hohenlohe und einem großen Begegnungsfest in Crailsheim war gut geeignet, um zu zeigen, dass es viele Ehrenamtliche und Hauptamtliche gibt, denen es wichtig ist an einem guten Zusammenleben von neu Zugezogenen und Einheimischen zu arbeiten.
Ein Kontrastprogramm war der Besuch eines Flüchtlingscamps in Ulm, der sie sehr berührt hat, weil sie gesehen haben, dass es auch in Deutschland „traurige und trostlose Camps“ gibt, so die Aussage von Gabrielle Sampsonidou. Aber auch hier wie in Griechenland gibt es Menschen der Zivilgesellschaft, die mit Wärme und Herzblut ein Willkommen für neu Ankommende geben wollen.
Ein Gespräch mit Hauptamtlichen der kirchlich-diakonischen Flüchtlingsarbeit von Caritas und Diakonie machte den Gästen deutlich, dass auch in Deutschland gerungen wird um faire Bedingungen für Geflüchtete, gegen Anfeindungen von Andersdenkenden und einen guten Weg, um ein Miteinander in der Gesellschaft zu gestalten.
Sehr beeindruckend war auch der Besuch bei der Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen, die ihnen ein freundliches Bild vermittelte, weil hier alles gut organisiert war und für die Geflüchteten gut gesorgt wurde.
Die Anfänge von Naomi liegen im Jahr 2015, als eine sehr große Anzahl von Geflüchteten über die Balkanroute kam und in Idomeni, einem Grenzort von Griechenland zu Nordmazedonien, feststeckte. Als Antwort auf diese Notsituation wurde humanitäre Hilfe geleistet. Weil dies aber zunehmend Organisation benötigte, wurde 2016 Naomi als gemeinnützige Gesellschaft gegründet. Gründerin war Dorothee Vakalis, die damals als Pfarrerin in der deutschen evangelischen Gemeinde in Thessaloniki arbeitete.
Für das Team aus Thessaloniki war es ein Herzensanliegen Danke zu sagen für die vielen Spenden und Unterstützung aus Deutschland und zugleich daran zu erinnern, dass bei ihnen Waren im Online Shop bestellt werden können. Langfristig ist es Ziel von NAOMI durch die Produktion ihre eigene soziale Arbeit finanzieren zu können.