Wohnen – Unsere Forderungen und Bewertung des Koalitionsvertrags
Die Bestände an öffentlich gefördertem Wohnraum in kommunaler Verantwortung werden seit Jahren abgebaut. Trotz vieler Maßnahmen droht sich die Situation weiter zu verschlechtern. Es gilt, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit Wohnraum wieder verfügbar und bezahlbar ist.
1. Recht auf Wohnen
Der Wohnungsnot kann nur durch verfügbaren und bezahlbaren Wohnraum auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt erfolgreich begegnet werden. Der seit Jahren beklagte Abbau der Bestände an öffentlich gefördertem Wohnraum in kommunaler Verantwortung schreitet voran. Die Aktivitäten im Neubaubereich reichen bei Weitem nicht aus, auslaufende Mietpreisbindungen aufzufangen und sind wegen der hohen Einstandskosten dafür auch nicht geeignet. Wohnen ist ein Menschenrecht und Voraussetzung für ein gelingendes Leben. Das muss in Baden-Württemberg sichergestellt sein!
Bewertung Koalitionsvertrag 2021-2026
Die Diakonie Baden-Württemberg begrüßt, dass die „Landeswohnraumförderung passgenau weiterentwickelt“ werden und Bindungsfristen im sozialen Wohnungsbau verlängert werden sollen. Sie appelliert jedoch an die Entscheidungsträger, dabei nicht die besonders am Wohnungsmarkt benachteiligten Menschen, wie die von Armut betroffenen und/oder wohnungslosen Menschen, zu vergessen. Die Diakonie fordert, vor allem auch die besonders am Wohnungsmarkt benachteiligten Menschen zu berücksichtigen.
2. Wohnungslosenstatistik
Wir begrüßen sehr die Einführung einer bundesweiten Statistik zur Wohnungslosigkeit. Für das Land Baden-Württemberg fordern wir allerdings eine ergänzende Erhebung der Wohnungsnot. Sie baut auf auf der langen Tradition der Stichtagserhebung der Liga der freien Wohlfahrtspflege e. V. und den Ergebnissen der vom Sozialministerium in Auftrag gegebenen GISS-Studie aus dem Jahr 2014. Die in der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege (LAGöfW) gemeinsam beschlossenen ergänzenden Items sollen durch das Statistische Landesamt flächendeckend im Land erhoben werden. So kann die Wohnungsnot in Baden-Württemberg abgebildet und in der Folge mit entsprechenden Maßnahmen reagiert werden.
Bewertung Koalitionsvertrag 2021-2026
Diese wird nicht explizit aufgeführt. Ergänzend zur Einführung einer bundesweiten Statistik zur Wohnungslosigkeit hatte die Diakonie für das Land Baden-Württemberg eine ergänzende Erhebung der Wohnungsnot gefordert.
3. Zukunft der Wohnungslosenhilfe
In den vergangenen Jahren haben sich neue Bedarfsgruppen und Bedarfslagen ergeben. Insbesondere für junge Erwachsene, ältere und pflegebedürfte wohnungslose Menschen als auch für Familien in Wohnungsnot müssen Konzepte entwickelt und umgesetzt werden, die die tatsächlichen Bedarfe adäquat decken. Die Lebenslagen aller betroffenen Personengruppen müssen untersucht und bedarfsgerecht ausgebaut werden. Die erfolgreiche Arbeit der LAGöfW am landesweiten Fachkonzept Wohnungslosenhilfe ist deshalb fortzusetzen.
Die durch die Kommunalisierung entstandene Vielzahl der Angebote der Wohnungsnotfallhilfe bietet einerseits Chancen. Auf der anderen Seite stehen wir immer wieder vor der strukturellen Herausforderung, ein flächendeckendes Hilfesystem für die Ärmsten in Baden-Württemberg sicherzustellen. Wir fordern deshalb eine beim Ministerium für Soziales und Integration angesiedelte Koordinationsstelle für die Wohnungslosenhilfe. Die Koordinations- und Informationsarbeit dieser unparteilichen Stelle soll sich sowohl an die Kommunen als auch an die Träger der freien Wohlfahrtspflege richten. Ziel ist es, die Versorgungssicherheit, aber auch die Struktur und die Qualität der Angebote im Land sicherzustellen.
Gespräch mit Gabriele Kraft, Referentin für Wohnungslosenhilfe in der Diakonie Württemberg, zu dieser Forderung:
Bewertung Koalitionsvertrag 2021-2026
Für einen Ausbau von Präventionsangeboten braucht es flächendeckend Fachstellen zur Wohnungssicherung. Die Diakonie begrüßt Housing-First-Modelle, betont aber, dass sie nur ein Baustein für die Hilfen für Wohnungslose sind. Nicht konkret gelöst ist die Frage der Eigenersatzmittel. Es braucht Lösungen dafür, dass Träger unter Zuhilfenahme des Siedlungsfonds für ihre Klienten Wohnungen bauen können.
Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen
Interessant ist das neue Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen. Dieses wird neben dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration für die Diakonie ein weiterer zentraler Anker werden. Das Thema sozialer Wohnraum findet dort sicherlich ein größeres Gewicht als seither beim Wirtschaftsministerium.