Württembergisches Wort zur Interkulturellen Woche 2020: „Zusammen leben, zusammen wachsen.“
Landeskirche und Diakonie fordern ein humanitäres Landesaufnahmeprogramm für Geflüchtete, die an den Außengrenzen Europas gestrandet sind
Stuttgart, 15. September 2020. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg und das Diakonische Werk Württemberg weisen zur diesjährigen Interkulturellen Woche (27. September bis 4. Oktober) auf die erschütternden Eindrücke der Brände im Flüchtlingslager Moria und das Elend der geflüchteten Menschen dort hin. Sie erinnern an die Europäische Menschenrechtskonvention, die vor 70 Jahren vom Europarat beschlossen wurde. „Der damit verbundene Anspruch, politisch Maß zu nehmen an der Würde jedes einzelnen Menschen, wird seit Jahren durch die Abschottungspolitik Europas und das Versagen menschenwürdiger Lösungen konterkariert“, schreiben die Oberkirchenräte der württembergischen Landeskirche Ulrich Heckel und Dieter Kaufmann in ihrem „Württemberger Wort zur Interkulturellen Woche 2020“.
Gerade im Umgang mit Schutzlosen und Benachteiligten müsse sich der Wertekanon Europas und seiner Mitgliedsstaaten bewähren. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft stehe jetzt in der Pflicht, Verantwortung zu übernehmen, und „die Weichen für eine menschenwürdige Aufnahme schutzsuchender Menschen neu zu stellen sowie unverzüglich mit der Umsetzung zu beginnen“.
Heckel und Kaufmann heben weiter hervor, dass die Corona-Pandemie die besondere Ge-fährdung gerade von zuvor schon benachteiligten und schutzlosen Menschen zeige – wie zum Beispiel Menschen ohne Wohnung, Haushalte mit geringem Einkommen oder Personen ohne Aufenthaltsdokumente, insbesondere die Geflüchteten in den heillos überfüllten Lagern oder auf den Fluchtwegen, indigene Völker sowie die Millionen am Rande der Megastädte Südamerikas, Afrikas und Asiens.
Soziale Ungleichheiten kämen deutlicher zum Vorschein und verschärften sich. Kirche und Diakonie fordern, für Gerechtigkeit einzutreten und die Würde jedes einzelnen Menschen als Maß für gesellschaftliches und politisches Handeln zu nehmen.
Kaufmann und Heckel rufen zur „Mitleidenschaft“ für Not und Elend anderer Menschen auf. „Sie ist orientiert an der Passion Jesu Christi und seiner befreienden und erlösenden Liebe für alle Menschen.“ Diese Mitleidenschaft führe zu tätiger Liebe und gebe Kraft zum Widerstand gegen die Ursachen unschuldigen Leidens. „Ungerechtigkeit, Armut, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus dürfen uns niemals gleichgültig lassen.“
Politisch fordern die beiden Oberkirchenräte ein humanitäres Landesaufnahmeprogramm für geflüchtete Menschen. Kirche und Diakonie setzen sich nach ihren Worten ein für die Seenotrettung geflüchteter Menschen, legale Flucht- und Migrationswege und die großzügige Aufnahme von Flüchtlingen. Entschieden wenden sie sich „gegen jede Diffamierung, Kriminalisierung und Hetze gegen all jene, die sich für geflüchtete Menschen engagieren“.
Heckel und Kaufmann danken allen, die sich in der Flüchtlings- und Migrationsarbeit engagieren und „sich stark machen für Begegnung und gegenseitiges Verständnis, für Demokratie und Teilhabe, für Gerechtigkeit und Frieden“.
Hintergrund
Die bundesweit jährlich stattfindende Interkulturelle Woche (IKW) ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie. Sie findet seit 1975 Ende September statt und wird von zahlreichen Gruppen unterstützt. Der nationale „Tag des Flüchtlings“, dieses Jahr am 2. Oktober, ist Bestandteil der IKW.