Zusammenhalt gestalten
Woche für das Leben 2013
Stuttgart, 12. April 2013. Auf die Notwendigkeit des gesellschaftlichen Zusammenhalts und dessen Gefährdungen haben die württembergische Bischöfe Gebhard Fürst und Frank Otfried July zum Beginn der diesjährigen „Woche für das Leben“ aufmerksam gemacht. In der Bildungs- und Begegnungsstätte für Menschen mit Behinderungen Treffpunkt in Stuttgart-Bad Cannstatt präsentierten der TREFFPUNKT-Chor und die Kanu-Gesellschaft Stuttgart den Bischöfen und Medienvertretern, wie Menschen mit und ohne Behinderung ihre Freizeit gemeinsam gestalten. Die Aktionswoche vom 13. bis 20. April steht unter dem Motto „Engagiert für das Leben: Zusammenhalt gestalten“. Sie wird am Sonntagnachmittag in Stuttgart-Feuerbach für Württemberg eröffnet.
Mit Blick auf die größer werdenden sozialen Unterschiede und die interkulturelle Zusammensetzung der Bevölkerung erklärten Bischof Gebhard Fürst und Landesbischof Frank Otfried July, das Motto „Zusammenhalt gestalten“ sei hoch aktuell. Die „Woche für das Leben“ gebe konkrete Antworten auf die Frage, was ein Gemeinwesen zusammenhalte, und benenne Risiken, die das Miteinander gefährdeten. Bischof Gebhard Fürst sagte: „Eine funktionierende Gesellschaft manifestiert sich in der Begegnung und der Zusammenarbeit der Menschen vor Ort.“ Die gemeinsame Freizeitgestaltung von Menschen mit und ohne Behinderung oder die Zusammenarbeit von etablierten Berufstätigen und benachteiligten Jugendlichen in Jobpatenprojekten wirkten dem Zerfall der Gesellschaft wirksam entgegen. Solche Aktivitäten über gesellschaftliche Grenzen hinweg, so Fürst, seien „lebensnotwendig für unsere Gesellschaft“. Landesbischof July sieht vor allem im Auseinandertriften von Arm und Reich Warnsignale für unsere Gesellschaft. Er ist deshalb froh, dass in vielen Gemeinden Vesperkirchen entstanden sind, die dem entgegen wirken wollen. „Vesperkirchen sind Orte der Begegnung, Räume für Gemeinschaftserfahrung. Vesperkirchen setzen auch ein politisches Zeichen in der Stadt, machen auf Armut und soziale Ausgrenzung aufmerksam und werben für eine solidarische Stadt.“ Er mahnte auch an, die wachsende Zahl Pflegebedürftiger und Demenzkranker in das soziale Leben zu integrieren. Damit die sozialen Akteure dies gewährleisten könnten, müsse die öffentliche Hand Voraussetzungen schaffen. „Mit Billigangeboten, Dumpinglöhnen und prekären Arbeitsverhältnissen in der Pflege ist niemandem gedient“, sagte July.
Beide Bischöfe betonten die Bedeutung der Subsidiarität für eine intakte, demokratische Gesellschaft. Bischof Fürst sagte, es sei „richtig, ja notwendig, dass der Staat viele Aufgaben freien Zusammenschlüssen der Bürger überlässt, den Wohlfahrtsverbänden, den Stiftungen, den Vereinen und nicht zuletzt den Kirchen“. Eine plurale Gesellschaft existiere nur, sofern es plurale Akteure gebe. Landesbischof July ergänzte, dass die Kirchen und Wohlfahrtsverbände soziale Dienstleistungen anböten und dafür Geld bekämen, sei keine Erfindung der Kirchen. „Es liegt in unserer gesellschaftlichen sozialen Grundordnung begründet als wesentlichem Teil der Zivilgesellschaft“, so July. Jeder und jede Einzelne sei gefordert, sich ins gesellschaftliche Leben einzubringen, die Politik müsse jedoch die Voraussetzungen für eine gerechte Grundordnung schaffen.
Der evangelische und der katholische Bischof unterstrichen, die Kirche müsse verstärkt mit anderen gesellschaftlichen Akteuren ins Gespräch kommen und kooperieren. “Zusammenhalt gestalten – das braucht eine Kirche und Gemeinden, die offen sind für alle Menschen in ihrer Gemeinde. Unsere Kirchengemeinden sind es bereits und müssen es noch mehr werden: Orte des Zusammenhalts, Orte, an denen Verschiedenheit gelebt und gestaltet wird“, sagte Bischof July, und Bischof Fürst betonte: „Die Kirche bleibt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt relevant, wo und weil sich die Kirchenmitglieder in ihren sozialen Aktivitäten nicht auf den kirchlichen Binnenraum beschränken, sondern ihren vom Evangelium motivierten Einsatz und ihre christliche Werthaltung in die Gesellschaft hineintragen.“ Mit dem „Integrationspreis der württembergischen Landeskirche und ihrer Diakonie“ und mit dem katholischen Förderprogramm INkonzept schaffen beide große Kirchen in Württemberg entsprechende Anreize.
Bischof Gebhard Fürst, Landesbischof Frank Otfried July und die Bischöfin der evangelisch-methodistischen Kirche, Rosemarie Wenner, eröffnen die „Woche für das Leben“ für Württemberg am Sonntag, 14. April, in Stuttgart-Feuerbach. Der Eröffnungsgottesdienst beginnt um 17 Uhr in der evangelischen Stadtkirche St. Mauritius. Beteiligt sind das Behindertenzentrum Stuttgart der Diakonie, die Mobile Jugendarbeit der Caritas, der Kinderchor der Evangelischen Kirchengemeinde Feuerbach sowie der Posaunenchor „Nordstuttgarter Kirchenblech“ der Evangelisch-methodistischen Kirche. Vor dem Gottesdienst gibt es ab 15 Uhr vor Ort Einblicke in das Wohnquartier Feuerbacher Balkon und ab 16 Uhr einen Empfang in der Evangelisch-methodistischen Friedenskirche mit Vorführung der Filme zur „Woche für das Leben“.