Diakonie Württemberg begrüßt allgemeinen Mindestlohn
Für Langzeitarbeitslose und Jugendliche dürfen aber keine Ausnahmeregelungen gelten.
Stuttgart, 23. April 2014. Die Diakonie in Württemberg begrüßt die geplante Einführung eines allgemeinen Mindestlohns. Sie kritisiert aber die geplanten Ausnahmeregelungen für Langzeitarbeitslose und Jugendliche.
„Angesichts der zunehmenden Polarisierung zwischen Arm und Reich in unserem Land ist die Einführung eines Mindestlohns längst überfällig“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. Er hält es für nicht hinnehmbar, dass 3,7 Millionen Menschen weniger als 8,50 Euro verdienen. Auch macht er darauf aufmerksam, dass 1,3 Millionen Menschen zu den Aufstockern gehören. Sie müssen trotz eines Arbeitseinkommens Hartz-IV-Leistungen beantragen. Immer noch lägen rund zehn Prozent aller Tarifabschlüsse unterhalb der geplanten Mindestlohngrenze.
Für die württembergische Diakonie ist die Regierung in der Pflicht, die untersten Einkommen in einem sozial verträglichen Maß abzusichern. Die Sozialpartner seien aufgrund der rückläufigen Bindungswirkung der Flächentarife dazu nicht mehr in der Lage.
Dass Langzeitarbeitslose für ein halbes Jahr nach ihrer Einstellung von der Regelung des allgemeinen Mindestlohns ausgenommen werden sollen, kritisiert die Diakonie Württemberg nachdrücklich. Dies fördere das Vorurteil, dass Arbeitslose Schuld an ihrer Situation hätten. Kaufmann: „Wer ohne eine Mindestlohnregelung keine Arbeit gefunden hat, wird auch keine finden, wenn er von dieser Regelung ausgenommen bleibt.“ Er ist überzeugt: Wer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Chance mehr hat, braucht öffentlich geförderte Beschäftigung und Unterstützung. Diesen Menschen die untersten arbeitsrechtlichen Standards vorzuenthalten, wirke wie eine zusätzliche Bestrafung.
Oberkirchenrat Dieter Kaufmann: „Das Menschenbild, das hinter diesen Ausnahmeregelungen steht, entmündigt Menschen und unterstellt, dass sie sich ihrer Arbeitsintegration und Qualifizierung widersetzen. Vielmehr ist es notwendig, die rigoros gekürzten Hilfen für Langzeitarbeitslose und für Qualifizierungsmaßnahmen zurückzunehmen.“
Auch kann er die Annahme, dass Jugendliche auf eine Ausbildung verzichten würden, wenn sie zu Mindestlohnbedingungen mehr verdienen können, nicht nachvollziehen. Obwohl dies jetzt schon möglich sei, strebten junge Menschen fast ausnahmslos eine Ausbildung an.
Die württembergische Diakonie fordert die bundesweite Einführung des Passiv-Aktiv-Transfers, bei dem Leistungen, die Langzeitarbeitslose für den Lebensunterhalt bekommen, in Zuschüsse für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden.