Veränderung in den Köpfen und Beiträge vieler Akteure notwendig
Diakonie, Lebenshilfe und Evangelische Landeskirche gemeinsam für Inklusion.
Bad Urach/Stuttgart, 2. Juli 2015. „Ich spüre, dass ich die Inklusion vorwärts bringe, jedoch muss ich auch sagen: Es könnte noch besser sein.“ Als „Selbstvertreter“ kann sich Armin Rist in Gremien des Landesverbands der Lebenshilfe einbringen. In Schulen und Kommunen und in der Kommunikation sieht Rist aber Verbesserungspotenzial. „Am wichtigsten ist mir die Veränderung in den Köpfen meiner Mitmenschen“, sagte er beim Pressegespräch im Vorfeld der Tagung „Inklusion leben“ in Stift Urach.
Armin Rist freut sich, dass er seine Anliegen beim Podiumsgespräch bei der Fachtagung am 23./24. Juli anbringen kann. Die Lebenshilfe Baden-Württemberg, das Diakonische Werk Württemberg, das Pädagogisch-Theologische Zentrum Stuttgart und Stift Urach wollen mit der Tagung Inklusion voranbringen und zeigen, dass sie in Kirchengemeinden, Städten und Gemeinden schon fortgeschritten ist.
Passend zum Thema und parallel zur Tagung ist in Stift Urach die Fotoausstellung „Milena“ zu sehen. Die Reportage- und Portraitfotografin Verena Müller hat die heute 16-jährige Milena, die das Down-Syndrom hat, einige Zeit begleitet und Impressionen eingefangen, wie Milena ihre Umgebung beeindruckt.
Kirchenrätin Bärbel Hartmann ist beeindruckt von den Fotos der Ausstellung, in denen „das Leben in seiner Fülle sichtbar“ werde. Die Leiterin des Stifts Urach hält das Einkehrhaus „mit seiner besinnlichen Atmosphäre, den barrierefreien Zimmern und vielseitigen räumlichen Möglichkeiten“ für den idealen Ort einer solchen Tagung. In Anschluss an die letztjährige Inklusionstagung sei ein Brief an Landesbischof July geschickt worden. Die Teilnehmenden hatten darin zehn Wünsche zur Inklusion in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg formuliert. In seiner Antwort versprach der Landesbischof, die Anregungen in seine unterschiedlichen Aufgabenfelder mitzunehmen. Generell sehe er „in der Sensibilisierung für Inklusion eine fortwährende Aufgabe, in der wir einander unterstützen“. Dieser Aufgabe käme die nun zweite Fachtagung „lustvoll und ideenreich“ nach.
Rainer Scheufele, Referent für Inklusion und diakonische Gemeindeentwicklung im Diakonischen Werk Württemberg, stellte das dreijährige Inklusionsprojekt „Aufbruch zum gemeinsamen Leben“ von Diakonie und Landeskirche in Württemberg vor. „Schon der Titel macht deutlich, dass wir keine fertigen Konzepte haben, sondern mitten auf dem Weg zu einer inklusionsorientierten Arbeit sind.“ Im Zentrum des Projekts stünden selbstbestimmtes Leben mitten im Ort, die Frage nach dem gemeinsamen Aufwachsen und Lernen von Kindern und Jugendlichen und die Arbeit in den Kirchengemeinden. Scheufele ist überzeugt: „Inklusion kann nur gelingen, wenn sich alle gesellschaftlichen Akteure einbringen.“ In den Kirchengemeinden und diakonische Einrichtungen gebe es schon vielfältige inklusionsorientierte Aktivitäten. Oft fehle es aber an Information und Ressourcen sowie an Bewusstsein und Sensibilisierung für die Belange von Menschen mit Behinderung und anderen ausgegrenzten Menschen. Scheufele kündigte an, dass an einem „Aktionsplan Inklusion in der württembergischen Landeskirche und ihrer Diakonie“ gearbeitet werde. Dieser soll Orientierung geben und Empfehlungen für den Weg zu einer inklusiven Kirche aussprechen. Und von der Tagung erhofft sich Scheufele Impulse für den Aktionsplan.
Einen Baustein für diesen Weg stellte Dr. Wolfhard Schweiker vom Pädagogisch-Theologischen Zentrum der Landeskirche in Stuttgart-Birkach vor. Die Evangelische Landeskirche hat 14 Inklusionsberaterinnen und Inklusionsberater für den Religionsunterricht und in der Konfirmandenarbeit eingesetzt. Diese qualifizierten Religionslehrerinnen und Religionslehrer sowie Pfarrerinnen und Pfarrer leisten rechtzeitig zum neuen Schulgesetz zur Inklusion einen Beitrag zum gemeinsamen Lernen von Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen Fähigkeiten. „Unterrichtende sollen fachlich unterstützt und vor Überforderung geschützt werden“, so Schweiker. Die württembergische Landeskirche entspreche mit solchen Angeboten den Empfehlungen der Evangelischen Kirche in Deutschland. Diese habe in der Orientierungshilfe „Es ist normal, verschieden zu sein“ klar Position bezogen und vielfältige Handlungsempfehlungen zur Inklusion in Kirche und Gesellschaft ausgesprochen. Mit der Fachtagung in Stift Urach werde dieser Prozess unterstützt. Dabei sei es den Veranstaltern wichtig, „dass alle, eben auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen ihre Interessen einbringen“.
Hinweis für die Redaktionen: Im Anhang finden Sie ein Foto der Fotoausstellung „Milena“, die vom 01.07. bis 24.07.2015 im Stift Urach zu sehen ist. Bildquelle: Verena Müller