Zum Schulstart: gleiche Chancen für alle Kinder
Diakonie fordert einmalige Beihilfe von 150 Euro und unterstützt bedürftige Familien.
Zum bevorstehenden Schuljahresbeginn weist die Diakonie in Württemberg darauf hin, dass die Einschulung viele Familien finanziell überfordert. Die Leistungen für Geringverdiener oder arbeitslose Menschen reichen nicht aus, um Kinder mit den nötigen Schulmaterialien auszustatten. Eine einmalige Beihilfe zum Schulstart ist dringend erforderlich. Viele Diakonische Bezirksstellen vor Ort bieten mit Schulranzenaktionen konkrete Unterstützung.
Stuttgart, 11. September 2015. Bei einer Einschulung entstehen Kosten von rund 200 Euro. „Der Zuschuss für Familien mit Bezug von Hartz IV oder Sozialhilfe von 70 Euro zum Schuljahresbeginn im September und 30 Euro zum Halbjahresbeginn im Februar reicht bei Weitem nicht aus“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. Dieser decke höchstens den Kauf von Heften und Schreibmaterialien, nicht aber eine Grundausstattung zur Einschulung mit Schulranzen, Mäppchen, Sporttasche, Turnschuhen für den Sportunterricht, für die Ersatzbeschaffung der Sportsachen nach einem Wachstumsschub und für Lernmittel wie Atlanten, Wörterbücher, Duden, Formelsammlungen oder von Schreibtisch und Computer.
„Kinder aus armen Familien brauchen gutes Schulmaterial, um nicht von Beginn an benachteiligt und diskriminiert zu sein“, sagt Kaufmann. Die Diakonie fordert deshalb zum Schulstart ausreichende und rechtzeitige Hilfe. Sobald die Einschulungsbestätigung im März vorliegt und die Kaufhäuser ihre Sonder- und Komplettausstattungen zur Einschulung anbieten, sollte Empfängern von Hartz-IV-Leistungen und Familien mit geringem Einkommen eine „Einmalige Beihilfe zur Einschulung“ von 150 Euro gewährt werden.
Kaufmann kritisiert zudem, dass Nachhilfe Schülern mit Eltern, die ALG II bekommen, nur bezahlt wird, wenn die Versetzung nachweislich gefährdet ist. Der Regelsatz im ALG II sieht für Bildung weniger als 1,30 Euro pro Monat für Kinder von 6 bis 14 Jahren vor. „Damit wird keine Chancengleichheit in der Schule und für das weitere Leben hergestellt. Gerade wenn Kinder aus einkommensschwachem und bildungsfernem Elternhaus Stärke für ihr Leben entwickeln, ist das ein Gewinn für sie selbst und für die ganze Gesellschaft.“
Das Bildungs- und Teilhabepaket für außerschulische Aktivitäten wird nach Ansicht der Diakonie Württemberg seiner Aufgabe nicht gerecht. Zehn Euro monatlich als Gutschein oder Direktzahlung an den Sportverein oder die Musikschule oder für Ferienmaßnahmen reichen nicht. Zudem ist die Art der Auszahlung diskriminierend und schränkt die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ein. Auch lädt das bürokratisch überfrachtete Verfahren nicht dazu ein, einen Antrag zu stellen.
Wer zum Schuljahresbeginn Hilfe braucht, kann sich an eine der rund 50 Diakonischen Bezirksstellen in Württemberg wenden. Diese Beratungsstellen bieten persönliche und praktische Hilfen. Sie überprüfen, ob im Einzelfall ergänzende Leistungen des Staates beansprucht werden können und vermitteln Hilfen aus örtlichen Projekten und überregionalen Hilfsfonds.
Viele Diakonische Bezirksstellen haben Projekte, die Schulkindern direkt zugute kommen,
Beispiele:
Balingen, Zollernalbkreis: Projekt „Augenhöhe“.
Gutscheine für den Kauf eines Schulranzens und der Ausstattung, die in benannten Geschäften eingelöst werden können.
Göppingen: Ökumenische „Aktion Rückenwind“.
In den Carisatt- und Diakonie-Läden im Landkreis Göppingen werden hochwertige Schulranzen mit Arbeitsmaterialien wie Mäppchen oder Turnbeutel stark verbilligt abgegeben. Jedes Jahr werden ca. 120 Schulranzen abgegeben.
Die Aktion fördert auch einkommensschwache Familien, in denen das Geld für Nachhilfe, Musik- und Sportunterricht oder Ferienmaßnahmen nicht reicht.
Landkreis Freudenstadt: Ökumenisches Projekt der Tafelladen-Kiste (Horb) und StattLädle-Kisten (Freudenstadt).
Diese Kisten werden für Lebensmittel, aber auch zu themenbezogenen Sammlungen verwendet - jedes Jahr auch für Schulartikel. Mit dem StattLädle wird dann ein Übergabetermin vereinbart, an dem die Familien für ihre Kinder die Schulartikel wie gut erhaltene Schulranzen, Schulmäppchen, Sportbeutel, aber auch Hefte für alle Klassen, Umschläge, Blöcke, Stifte, Farben kostenlos abholen können.
Esslingen, Nürtingen, Kirchheim und Bernhausen, Diakonische Bezirksstellen: „ Damit kein Kind verloren geht! - Das Schulkinder-Projekt des Kreisdiakonieverbands Esslingen.“
Die vier Diakonischen Bezirksstellen im Landkreis Esslingen unterstützen mit Zuschüssen aus dem Schulkinder-Projekt seit 2008 finanziell bedürftige Familien und deren schulpflichtige Kinder. Die Gelder werden zu 100 Prozent in Schulmaterial investiert und entlasten das ohnehin schon knappe Budget armer Familien. Abhängig von der Nachfrage und vom Budget des Schulkinder-Projekts werden anteilig Kosten übernommen für Hefte, Mäppchen, Turnschuhe, Bastelmaterial, Stifte und auch für den ersten Schulranzen - gegen Vorlage des Kassenbons. Im Jahr 2014 wurden im Landkreis Esslingen 290 Kinder aus 136 Familien durch das Schulkinderprojekt unterstützt.
Heilbronn: Kiwanis Club Heilbronn beschenkt seit Jahren Einschulungskinder aus einkommensarmen Familien neuen Schulranzen (incl. Mäppchen und Turnbeutel). Auch Kinder, die während des Schuljahres mit ihren Müttern aus häuslichen Gewaltsituationen ohne Gepäck fliehen, werden vom Kiwanis Club Heilbronn mit Schulsachen gefördert. In diesem Jahr kommt nun noch eine weitere Aktion dazu: Galeria Kaufhof Heilbronn beschenkt Kinder mit einer gefüllten Schultüte. Dafür wird vorab von den Kindern ein Wunschzettel für die Befüllung kreiert. Koordination über die Diakonie.
Tuttlingen: Aktion Schulranzen.
Neue Schulranzen, die in größeren Mengen zu günstigen Preisen neu angeschafft werden, werden zusammen mit Caritas und Kinderschutzbund in Tuttlingen, Spaichingen und Trossingen an bedürftige Familien aus dem ganzen Landkreis ausgegeben. Ca. 120 Erstklässler im Landkreis leben von ALG II. Familien, die keine einmalige Beihilfe für Schulmaterial erhalten, jedoch vom Einkommen unter der Einkommensgrenze des Tafelladens liegen, sollen mit einem Schulranzen und einem Gutschein für Schulmaterial für ihre Erstklässler unterstützt werden.
Heubach, Ostalbkreis: Schulranzen Aktion „Schulstart ohne Not“.
Es gibt einen Spendentopf. Evangelische Kirchengemeinde und Kreisdiakonieverband Ostalbkreis organisieren im Rahmen eines Projekts zwei Schulranzentage für die neuen Erstklässler.
Landkreis Ludwigsburg: „Aktion Schulstart“.
Neue Schulranzen und Schulrucksäcke werden in allen fünf Diakonischen Bezirksstellen ausgegeben. Die Aktion Schulstart wurde über das Angebot, Schulranzen für die erste und fünfte Klasse auszugeben durch einen weiteren Großspender ergänzt: Die Firma IKEA Ludwigsburg spendete 50 Gutschein-Pakete (komplett mit Schreibtisch, Rollcontainer und Schreibtischstuhl), die landkreisweit an bedürftige Familien verteilt wurden. Der Friseur „Haarbotschaft“ in Ludwigsburg und Bietigheim sammelte während seines Tags der offenen Tür Spendengelder für diese Aktion. Die Firma „Koffer + Tasche aus Bietigheim beteiligt sich 2015 das erste Mal an der Aktion in Form von Sachspenden.
Calw: Schulranzenaktion.
Gut erhaltene Schulranzen und –taschen, gefüllte Mäppchen, Sportbeutel, Wasserfarben und anderes mehr werden ausgegeben. Geldspenden ermöglichten auch Gutscheine für Schulmaterialien.
Weitere Informationen zur diakonischen Hilfe zum Schulstart, siehe:
Das Diakonische Werk Württemberg
Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein selbstständiges Werk und der soziale Dienst der Evangelischen Landeskirche und der Freikirchen. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes unterstützt der Wohlfahrtsverband im Auftrag des Staates hilfebedürftige Menschen. Das griechische Wort „Diakonia“ bedeutet „Dienst“. Die Diakonie in Württemberg ist ein Dachverband für über 1.200 Einrichtungen und Dienste. Über 45.000 hauptamtliche Mitarbeiter und mehr als 35.000 Ehrenamtliche begleiten über 275.000 Menschen in Beratungsstellen oder Einrichtungen, in denen sie leben. Es sind Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 100.000 Menschen. Das Diakonische Werk Württemberg ist ebenfalls Landesstelle der Internationalen Diakonie, Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Hoffnung für Osteuropa.