„Den einzelnen Menschen mit seiner Persönlichkeit und Geschichte sehen“
Oberkirchenrat Dieter Kaufmann besucht die Landeserstaufnahmestelle Meßstetten
Stuttgart/Meßstetten, 13. Oktober 2015. Einen Ausbau der Landeserstaufnahmestellen und zügigere Asylverfahren forderte Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakoni-schen Werks Württemberg, bei seinem Besuch der Landeserstaufnahmestelle Meßstetten am Frei-tag (9. Oktober). „Als Christen ist es unser Anliegen, dass wir auch angesichts der großen Anzahl von Flüchtlingen die einzelne Persönlichkeit und ihre ganz besondere, eigene Geschichte sehen.“ Rasche Zugänge zur deutschen Sprache, zu Ausbildung und Beruf seien nach der langen Zeit des Wartens auf das Asylverfahren dringend notwendig. Gefragt seien auch die Prüfung der Anerkennung beruflicher Qualifikationen und der soziale Wohnungsbau für die künftige Versorgung mit Wohnraum.
Kaufmann dankte den drei Mitarbeitenden der Diakonie, die in der LEA Meßsstetten zusammen mit den Kollegen von der Caritas in der Verfahrens- und Sozialberatung tätig sind. Sie leisten laut Kaufmann eine wichtige Arbeit und müssten oft, besonders bei der Beratung traumatisierter Fücht-linge, Schweres aushalten.
Der Balinger Dekan Beatus Widmann berichtete, dass die Diakonische Bezirksstelle, die Pfarrer-schaft und Kirchengemeinden die Aufgabe, Flüchtlinge aufzunehmen und zu unterstützen, „beherzt angehen“. Ehrenamtliche kämen auch aus der örtlichen Kirchengemeinde.
Diana Schrade-Geckeler, die Leiterin der Diakonischen Bezirksstelle Balingen, sagte, ihre Beratungsstelle sei seit vielen Jahren stark in der Sozialberatung verankert. „Es war klar, dass wir hier einsteigen.“ Demnächst seien es zusammen mit der Caritas und dem Roten Kreuz elf ganze Stellen in der LEA. Gehe man von einer Besetzung von eins zu hundert aus, wie von der Landesregierung angekündigt, müssten allerdings 19 weitere folgen – was utopisch sei. Dankend nahm sie einen Scheck über 2.000 Euro von Oberkirchenrat Dieter Kaufmann an. Auf ihren Antrag bekommt die Diakonie für ihre Arbeit in der LEA die Höchstfördersumme aus dem landeskirchlichen Fonds für Kleinprojekte in der Flüchtlingsarbeit. Damit finanzieren sie die Ausgestaltung des Raumes der Stille und des Empfangsbereichs sowie Willkommenspakete für Flüchtlingsfamilien mit einem Neugebo-renenen mit Kuscheltier, Strampelanzug und anderem mehr.
Die LEA in Meßstetten ist für maximal 1.000 Flüchtlinge konzipiert; derzeit sind 3.500 Menschen dort untergebracht – davon 700 Kinder. Die württembergische Diakonie ist auch in der Verfahrens- und Sozialberatung in der LEA Ellwangen tätig– ebenso sind diakonische Träger in der Flüchtlingssozialarbeit im Rahmen der „Vorläufigen Unterbringung“ in den Landkreisen tätig.
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg und ihre Diakonie unterstützen die Flüchtlingsarbeit finanziell und praktisch. In Ergänzung zu den Asylpfarrämtern in Stuttgart und Reutlingen sind zwei Flüchtlingsdiakonate in den Prälaturen Heilbronn und Ulm aktiv. Die Diakone Annette Walter und Dietmar Oppermann unterstützen Kirchengemeinden und Ehrenamtliche in Asylarbeits- und Freundeskreisen beim Aufbau einer Willkommenskultur vor Ort.
Dreizehn regionale Koordinationsstellen (je 50 Prozent) für die Flüchtlingsarbeit sind bei den Bezirks- und Kreisdiakoniestellen eingerichtet. Sie koordinieren Hilfe in Kirchengemeinden und unterstützen die ehrenamtlichen Helfer beim Helfen (Qualifizierungskurse, kollegialer Austausch, Supervision).
Zwei mobile Beratungsdienste beraten Flüchtlinge, Ehrenamtliche und Kirchengemeinden zu psy-chosozialen Fragestellungen und ressourcenorientierten Angeboten für Flüchtlinge.
Ein Fonds für Kleinprojekte in Kirchengemeinden ist eingerichtet. Er fördert Angebote für Flüchtlinge wie Deutschkurse oder Freizeiten unbürokratisch und schnell mit bis zu 2.000 Euro.
Nach einem Aufruf an Kirchengemeinden und diakonische Einrichtungen wissen wir von deutlich mehr als 1.200 Flüchtlingen, die in Immobilien von Kirche und diakonischen Einrichtungen untergebracht sind oder demnächst einziehen können.
Die Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg hatte zunächst zusätzlich 1,4 Millionen Euro für die Flüchtlingsarbeit zur Verfügung gestellt und dann um weitere 2,15 Millionen Euro aufge-stockt – jeweils zur Hälfte für die Arbeit in Württemberg und in den Herkunftsregionen. Ein wesentliches Ziel ist es, dazu beizutragen, Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu mindern.