Geflüchtete Kinder sind vielfach belastet
Diakonie zum Internationalen Tag der Kinderrechte (20. November).
Flüchtlingskinder, die ihr Zuhause verloren haben, brauchen in Deutschland besonderen Schutz. „Gerade Kindern, die eine Flucht hinter sich haben, müssen wir ein behütetes Aufwachsen ermöglichen“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, anlässlich des Internationalen Tags der Kinderrechte am kommenden Sonntag. Schlimme Erfahrungen im Heimatland und auf der Flucht, beengtes Wohnen, wenig Anschluss im Ort und Dolmetscherfunktion für die Eltern – das erschwere ein gesundes Aufwachsen von Flüchtlingskindern. „Den Schwachen, die nicht für sich selber eintreten können, gilt unser Sorgen und Kümmern“, sagt Kaufmann.
Stuttgart, 17. November 2016. Ein Drittel aller Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind Kinder und Jugendliche. Diese Minderjährigen leben in der Regel mit unsicherem Aufenthaltsstatus in Deutschland – überwiegend mit ihren Familien, teilweise aber auch ohne Begleitung.
„Die Lebenssituation der Flüchtlingskinder findet in der öffentlichen Diskussion nicht die erforderliche Beachtung“, so Eva-Maria Armbruster, Stellvertreterin des Vorstandsvorsitzenden des Diakonischen Werks Württemberg. Das „Verwaltungshandeln“ widerspreche in vielen Punkten den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention. Die Flüchtlingskinder, ihre Interessen und ihre besondere Lebenslage spielten bei Entscheidungen über Aufenthaltsrechte –- sofern sie mit ihren Familien in Deutschland leben – eine nachrangige Rolle. Dies wiege umso schwerer, als diese Kinder oft bei Behörden übersetzen müssen und damit eine Rolle innerhalb der Familie übernehmen, die sie überfordere. „Die zentrale Frage und Herausforderung ist daher, wie wir jungen Flüchtlingen ihr Recht auf Förderung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit, wie es im Kinder- und Jugendhilferecht festgelegt ist, garantieren können“, so Eva-Maria Armbruster. Auch Flüchtlingskinder hätten ein Anrecht auf die Einhaltung der Kinderrechte wie sie die UN-Kinderrechtskonvention, das Grundgesetz und das deutsche Kinder- und Jugendhilferecht verbindlich festschreiben.
Geflüchtete Kinder wohnen in der Mehrzahl in Unterkünften, die ihnen und ihren Familien wenig Raum für Privatsphäre lassen. Sie leben beengt, zusammen mit fremden Personen. Pubertierende Jugendliche, die nach Autonomie streben, und kleine Kinder ohne Möglichkeiten zum Spielen sind hiervon besonders betroffen. Die medizinische Versorgung der Mädchen und Jungen beschränkt sich im Wesentlichen auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände. Die Ungewissheit ihrer Zukunft in Deutschland steigert die psychische Belastung. Die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nach sozialer Gemeinschaft und Teilhabe bei Sport, Kultur und Bildung bleiben unerfüllt.
Aus Sicht der Diakonie Württemberg ist es notwendig, dass die Träger und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendsozialarbeit Zugänge und Angebote für Teilhabe schaffen. „Wir müssen die Flüchtlingskinder und ihre Familien stärken, so dass sie für ihre Anliegen selbstbewusst eintreten und unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten können“, so Oberkirchenrat Kaufmann. Das Kindeswohl und der Schutz von Flüchtlingskindern in beengten Gemeinschaftsunterkünften müssten im Blick der Verantwortlichen sein. Der Zugang zu Schule, Kindergärten und weiteren Angeboten, die eine Integration und Teilhabe ermöglichen, sei sicherzustellen.
Das Diakonische Werk Württemberg
Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein selbstständiges Werk und der soziale Dienst der Evangelischen Landeskirche und der Freikirchen. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes unterstützt der Wohlfahrtsverband im Auftrag des Staates hilfebedürftige Menschen. Das griechische Wort „Diakonia“ bedeutet „Dienst“. Die Diakonie in Württemberg ist ein Dachverband für 1.200 Einrichtungen mit 40.000 hauptamtlichen und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie begleiten Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 200.000 Menschen. Das Diakonische Werk Württemberg ist ebenfalls Landesstelle der Internationalen Diakonie, Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Hoffnung für Osteuropa.