19. Januar 2024

Diakonie Württemberg präsentiert Vorhaben für 2024

Pressesprecherin Claudia Mann (von links nach rechts), Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, und Dr. Kornelius Knapp, Vorstand Sozialpolitik, berichten bei der Jahrespressekonferenz von den Vorhaben der Diakonie Württemberg für 2024. © Foto: Diakonisches Werk Württemberg

Von der Wohnungsnot über die Pflege bis zur Personalgewinnung – die Diakonie Württemberg hat den Medien einige ihrer Vorhaben für 2024 vorgestellt.

Das Jahresmotto für 2024 ist „Raum geben“

Als Jahresmotto 2024 der Diakonie Württemberg nannte Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, „Raum geben“. Damit sei der Einsatz gegen Wohnungsnot und für bezahlbaren Wohnraum, die Förderung inklusiver Nachbarschaften sowie der Schutz bedürftiger Gruppen gemeint.

Auch Raum für Beratung und Seelsorge gehörten dazu, betonte Noller. Sie sei „entsetzt“ über rechtspopulistische Äußerungen, die bis zur Absicht reichten, Menschen zu vertreiben.

Schwierige Lebensverhältnisse von Familien verschärfen sich

In den diakonischen Beratungsstellen stellten Mitarbeitende fest, dass sich schwierige Lebensverhältnisse von Menschen derzeit verschärfen, etwa in Form wachsender Armut und besonders Kinderarmut, Bildungsungerechtigkeit und einem Anstieg psychischer Belastungen.

Noller berichtete, dass die Mitarbeiterinnen der Schwangerenberatungsstellen bei vielen Klientinnen eine unsichere Zukunftsperspektive erleben: Verschuldung, eine zu kleine Wohnung und unsichere Wohnsituationen, fehlende Kinderbetreuung, nicht beantragte Sozialleistungen, Arbeitslosigkeit und Schwierigkeiten, den täglichen Bedarf zu decken. Auch bürokratische Hürden seien ein Problem.

Lebendige Nachbarschaften stärken

Für Baden-Württemberg müsse das Ergebnis der Familienförderstrategie ein Familienfördergesetz sein, das sich prinzipiell an alle Familien richtet, aber vor allem benachteiligte und armutsgefährdete Familien fördert und stärkt. Ein wichtiger Punkt sei, dass für Menschen mit geringen Einkommen in großer Zahl geeignete Wohnungen fehlen.

„Vor allem Familien mit mehreren Kindern, Alleinerziehende und Menschen mit körperlichen, psychischen und sozialen Einschränkungen leben häufig auf zu wenig Platz. Andere Menschen haben gar keine Wohnung oder leben in Notunterkünften.“ Die Diakonie Württemberg setze sich deshalb im kommenden Jahr für bezahlbaren Wohnraum ein, sagte Annette Noller. Mit dem Projekt „Aufbruch Quartier“ stärkten Landeskirche und Diakonie zudem lebendige Nachbarschaften.

Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen

Dr. Kornelius Knapp, Vorstand Sozialpolitik, berichtete über die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Die bislang pauschalen Betreuungsleistungen würden abgelöst durch individuelle Assistenz. Das Diakonische Werk Württemberg und das hauseigene Kompetenzzentrum BTHG unterstützen die Mitgliedseinrichtungen, die für diese Umstellung insgesamt mehr als 750 neue Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen schließen mussten.

Sie haben dafür viele Verhandlungen und umfangreiche Vereinbarungen zwischen den Stadt- und Landkreisen einerseits und den Diensten und Einrichtungen andererseits vorbereitet und begleitet. Dafür war eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2023 vereinbart worden. Fast allen diakonischen Einrichtungen ist es gelungen, innerhalb dieser Frist die Vereinbarungen zu schließen. „Damit sind sie Vorreiter in Baden-Württemberg.“

Mehr Geld für Freiwilligendienste

Stark aufgestellt sei die Diakonie in Württemberg auch bei den Freiwilligendiensten. Sie bietet rund 1.800 Plätze. Auch wenn die geplante Kürzung jedes vierten Platzes durch Haushaltseinsparungen des Bundestags nun wohl doch ausbliebe, reiche die Finanzierung nicht aus, sagte Kornelius Knapp. „Eine Fortschreibung der Mittel für 2024 in der bisherigen Höhe bedeutet faktisch eine Kürzung, weil die deutlich gestiegenen Sach- und Personalkosten in allen Programmen nicht aufgefangen sind.“ Bis zur Verabschiedung des Haushalts bestehe keine Gewissheit über die tatsächlich verfügbaren Mittel für die Freiwilligendienste im neuen Jahr.

Mehr Kompetenzen in der Versorgung für Pflegekräfte

„In der Pflege haben wir gewaltige demografische, fiskalische und fachliche Herausforderungen“, ergänzte Knapp. „Mit der notwendigen Begrenzung der Eigenanteile haben wir uns ja häufig zu Wort gemeldet.“ Dazu kämen die generalistische Pflegeausbildung, die Akademisierung und eine neue Zuordnung von Zuständigkeiten. Eine Lösung dafür könnten der Personalmix und die Aufwertung der pflegerischen Kompetenzen bringen.

Knapp hob positiv die Eckpunkte für ein Gesetz zur Reform der Pflegekompetenz hervor. Pflegekräfte sollen gemäß ihrer Qualifikationen auch in der Versorgung mehr Kompetenzen bekommen. „Wir sehen in den Eckpunkten wichtige und richtige Schritte für die Sicherstellung einer hochwertigen pflegerischen Versorgung der Menschen in Deutschland und für die Stärkung des Pflegeberufs“, sagte Knapp.

Auch 2024 sollen die Internationalen Ausbildungsprojekte ausgebaut werden

Ein erfolgreiches Modell zur Gewinnung von Pflegekräften stellte Annette Noller mit den Internationalen Ausbildungsprojekten vor. In zehn Jahren seien 650 Auszubildende eingereist. Im vergangenen Jahr waren es 82 Azubis aus Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Armenien und Georgien. Durch die dreijährige duale Ausbildung in der Pflege in Einrichtungen von Diakonie und Caritas in Baden-Württemberg würden sie sich schnell integrieren, erklärte Noller.

Jetzt wurden auf einer Nordafrikareise Pilotprojekte mit Partnerorganisationen in Tunesien und Marokko vereinbart und über 35 Personen für den Ausbildungsbeginn im Herbst 2024 ausgewählt. In beiden Ländern besteht eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Schwierigkeiten gebe es jedoch bei der Beantragung von Visa und anderen bürokratischen Angelegenheiten, erklärte Noller.

Die Refinanzierung von Nachhaltigkeitskosten in der freien Wohlfahrtspflege gesetzlich verankern

Anstelle des erkrankten Finanzvorstands Dr. Robert Bachert stellte Knapp das Engagement der Diakonie Württemberg zur Refinanzierung von Nachhaltigkeitskosten im Verbund der vier kirchlichen Wohlfahrtsverbände, Diakonie Baden-Württemberg und Caritas Baden-Württemberg, vor. Die Diakonie setze sich dafür ein, dass die Refinanzierung in der freien Wohlfahrtspflege gesetzlich verankert werde. Es bedürfe Ergänzungen in den Sozialgesetzbüchern, die sich im Leistungsrecht auf Landesebene wiederfinden müssten, so Knapp.

Innovationszentrum „futurum“ der Diakonie Württemberg öffnet im Sommer

Und ein Ausblick in den Sommer: Am 7. Juni öffnet das Innovationszentrum „futurum“ der Diakonie Württemberg seine Türen. Im Weckherlin-Haus will die Diakonie zusammen mit anderen Partnern innovative Lösungen für relevante gesellschaftliche und sozialpolitische Zukunftsfragen entwickeln.