Zweite Frauenhauskonferenz in Baden-Württemberg
Schutz von Kindern und Müttern sowie Sicherheit für suchtkranke und wohnungslose Frauen
Mitarbeitende aller 44 Kinder- und Frauenschutzhäuser und Schutzwohnungen in Baden-Württemberg haben sich zur zweiten Frauenhauskonferenz im Stuttgarter Hospitalhof getroffen.
Die Konferenz widmet sich thematisch allen Zielgruppen der Istanbul-Konvention – vor allem suchtkranke und wohnungslose Frauen und schutzbedürftige Kinder und ihre Mütter sollen mit neuen Konzepten unterstützt werden. Vorderstes Ziel der Konferenz war die stärkere Vernetzung der Mitarbeitenden untereinander und der Austausch mit anwesenden Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung und Forschung. Eingeladen hatte der Unterausschuss Frauen und Gewaltschutz der Liga der freien Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg e. V.
In Workshops mit Frauenhaus- und Jugendamtsvertretenden wurden die verschiedenen Themenfelder beleuchtet. Bislang werde beim Thema häusliche Gewalt und Umgangsrecht immer noch auf ein Einvernehmen mit dem Partner gesetzt, kritisiert Martina Haas-Pfander, Referentin Schwangerenberatung, Frauen- und Kinderschutzhäuser im Diakonischen Werk Württemberg: „Ein Unding, wenn Gewalt ausgeübt wurde.“ Wenn eine Frau langjähriger Gewalt durch den Partner ausgesetzt sei und mit Kindern Schutz im Frauenhaus suche, könne man schlicht nicht einvernehmlich am Tisch sitzen und den Umgang regeln. „Die Frau trifft wieder auf den Täter und ist zusätzlich gefährdet, weil ihr gefolgt werden kann. Die Stabilisierungsarbeit der Frauenhausmitarbeiterinnen werden damit häufig wieder zunichte gemacht – mit jedem Besuch des Kindes und mit neuen Absprachen und Ärger.“
In seinem Vortrag mit anschließender Diskussion erläuterte Dr. Thomas Meysen vom International Centre for Socio-Legal Studies (SOCLES) einen neuen Gesetzentwurf zum Sorge- und Umgangsrecht, der auch die eigene Schutzwürdigkeit der Kinder anerkennt. Der Entwurf soll noch in dieser Legislaturperiode in den Bundestag eingebracht und beschlossen werden. Artikel 3 der Istanbul-Konvention regelt, dass bei Vorfällen bei häuslicher Gewalt diese beim Besuchs- und Umgangsrecht anzuerkennen und zu berücksichtigen sind. „Dies ist bisher im deutschen Recht nicht vorgesehen“, so Meysen.
Überdies thematisiert wurde die Unterstützung von substanzabhängigen und wohnungslosen Frauen, die häufig keinen Platz in Frauenschutzhäusern finden. Die Istanbul-Konvention schreibt vor, dass allen Menschen unabhängig von ihrem Status Schutz und Hilfe angeboten werden muss. „Die Bundesregierung erarbeitet zurzeit das Gewalthilfe-Gesetz, mit dem ein Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt eingeführt werden soll“, berichtet Martina Haas-Pfander. „Wir hoffen, dass dieser bundeseinheitliche Rahmen mit einer auskömmlichen Finanzierung kommen wird.“ Mit einer Postkartenaktion soll unterstrichen werden, wie wichtig ein zugänglicher kostenfreier Platz und Beratung für alle Frauen ist. Hierbei können betroffene Frauen selbst Postkarten an die politisch Verantwortlichen senden.
Die erste Frauenhauskonferenz hatte pandemiebedingt nur online stattgefunden.