13. Januar 2025

"Das Baby- und Kinderlachen ist einfach unbezahlbar"

Mütter mit Kindern und Mitarbeiterinnen sitzen in der Wohngruppe am Tisch.
© Paulinenpflege

In einer Wohngruppe der Paulinenpflege in Weiler zum Stein wohnen sieben Mütter mit ihren sieben Kleinkindern.

Von weitem ist es ein ganz normales Wohnhaus am Rande von Weiler zum Stein, beim zweiten Blick ist in diesem Haus einiges ganz besonders. Vor der Tür stehen zum Beispiel viele Buggys und weitere Kinderfahrzeuge. Hier wohnt nämlich eine ganz außergewöhnliche Großfamilie: Sieben junge Mütter mit ihren sieben Kleinkindern. Die Mutter-Kind-Gruppe des Jugendhilfeverbunds der Paulinenpflege existiert schon seit über fünf Jahren. Sieben pädagogische Fachkräfte unterstützen hier junge Frauen, die mit ihrer Mutterrolle überfordert sind.

"Die Aufgabe unseres Teams ist es, zum einem das Kindeswohl im Fokus zu haben, aber auch nach den Bedürfnissen der Mütter zu schauen. Daher hat jede Mutter zwei Bezugsbetreuerinnen - eine für das Kind, die andere für die Mutter. So fällt nichts hinten runter", erzählen Sozialpädagogin Viviane Newerla-Nooke und Kindheitspädagogin Martha Dervisi. Beide sind Mitarbeiterinnen der ersten Stunde, für die die Mutter-Kind-Gruppe mehr als nur ein Job ist: „Es war für mich etwas ganz Neues und hat viel Freude gemacht, diese Wohngruppe mit aufzubauen. Man kann hier sehr viel weitergeben und bewirken“, freut sich Viviane Newerla-Nooke. „Und das Baby- und Kinderlachen ist einfach unbezahlbar“, ergänzt Martha Dervisi. 

Neben der lebenspraktischen Anleitung und Wissensvermittlung für die Mütter ist die genaue Beobachtung der Entwicklung der Kinder wichtig. "Körperliche Folgen sieht man erst später, daher schauen wir auch immer auf Grundlage der Entwicklungspsychologie, wie es dem Kind geht“, erklären die beiden pädagogischen Fachkräfte. Ein wichtiger Baustein ist hierbei auch die videogestützte Interaktionsanalyse. „Hier wird die Mutter zum Beispiel beim Wickeln ihres Kindes gefilmt. Und dann kann genau geschaut werden, was da zwischen Mutter und Kind passiert. Auf den ersten Blick sieht alles ganz normal aus. Beim genaueren Hinschauen sieht man, dass das Kind im Stress war. Die Mutter konnte es da nicht rausholen.“  Das wird dann u.a. in wöchentlichen Entwicklungsgesprächen aufgearbeitet. 

Natürlich geht es ebenso um die Weiterentwicklung der Mutterpersönlichkeit, so dass die Mütter ihr Leben irgendwann selbständig meistern können. Dabei kommt es auch immer wieder zu Interessenskonflikten „Eine der Mütter wollte über Weihnachten zwei Wochen zur Familie. Wir wussten aber, dass dieser lange Zeitraum dem Kind nicht gut tun würde. Wir haben dann nach langen Gesprächen einen guten Kompromiss für Mutter und Kind gefunden. Ebenso möchten viele der 16- oder 17-Jährigen abends ohne Kind losziehen. Das können wir ab und zu ermöglichen, aber nicht regelmäßig. Für viele ist das eine große Umstellung“, so Viviane Newerla-Nooke. 

Einige der Mütter gehen tagsüber zur Arbeit oder noch zur Schule. Die Kinder werden dann in einer Kita betreut. „Für einige der sehr jungen Frauen ist es aber wichtig, dass sie sich zunächst auf das Kind konzentrieren. Und dann so langsam zum Beispiel mit einem Teilzeit-Job anfangen“ sagt Martha Dervisi.

Unterstützung bekommen die Mütter bzw. deren Kinder in der Wohngruppe rund um die Uhr – es gibt sogar eine Nachtbereitschaft für Notfälle. Insgesamt sind seit dem Start dieser Wohnform 60 Personen betreut und unterstützt worden. Viviane Newerla-Nooke und Martha Dervisi erinnern sich noch genau an die erste Mutter, die aus der Wohngruppe in Richtung Selbständigkeit ausgezogen ist. Es folgten viele weitere, die vor kurzem bei einem Ehemaligentreffen zum 5-jährigen Wohngruppen-Jubiläum ihre Erfahrungen ausgetauscht haben. "Wir vermissen die MuKi-Gruppe", war die wehmütige Aussage von vielen Ehemaligen. „Das ist natürlich eines der schönsten Komplimente, das wir bekommen können. Es ruft auch immer wieder die eine oder andere Ex-Klientin bei uns an, wenn sie einen Rat oder Tipp braucht. Auch das ist ein Vertrauensbeweis und eine sehr positive Bestätigung unserer Arbeit“, freuen sich die zwei Mitarbeiterinnen.