Schulbeginn verdeutlicht finanzielle Engpässe bei Familien
Zahlreiche diakonische Beratungsstellen geben Ranzen und weitere Materialien aus
Stuttgart, 16. Juli 2024. Die Nachfrage nach gespendeten Schulmaterialien ist auch in diesem Jahr hoch. Viele diakonische Beratungsstellen unterstützen Familien zum Schulstart in die erste oder fünfte Klasse mit Ranzen, Rucksäcken, gefüllten Mäppchen oder Turnbeuteln.
Als Gründe für die hohe Nachfrage nennen die Beraterinnen und Berater der Diakonie die Zunahme bedürftiger Familien, die hohen Preise für Schulranzen und die nicht ausreichenden Bildungs- und Teilhabepakete im Rahmen des Bürgergelds. Die meisten der Anfragenden beziehen Bürgergeld. Weitere Kosten für Schulkinder fallen beispielsweise für Ausflüge, Schullandheimaufenthalte oder Nachhilfe an.
„Wir müssen Kinder, Jugendliche und ihre Familien rechtzeitig durch eine ausreichende Kindergrundsicherung und die Bündelung sozial- und familienpolitischer Leistungen unterstützen“, sagt Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg. Es dürfe nicht sein, dass sich Familien die für den Schulbeginn und Schulwechsel notwendigen Materialien nicht leisten könnten und es dafür Spendenprogramme brauche.
Die Diakonie Württemberg weist auf die erhöhten gesellschaftlichen Folgekosten hin, wenn junge Menschen aus Familien mit geringem Einkommen in Schule und Freizeit benachteiligt sind. „Gesunde und gut ausgebildete Kinder haben deutlich bessere Chancen, sich selbst ein Leben ohne Abhängigkeit von staatlichen Hilfen aufzubauen“, so Noller.
Die mehr als 50 Beratungsstellen der Diakonie in Württemberg stellen fast übereinstimmend fest, dass sich vermehrt Familien mit „existenzsichernden Fragestellungen“ melden. Die anhaltend hohe Inflation insbesondere im Bereich der Lebenshaltungskosten, nicht ausreichende Haushaltseinkommen geringverdienender Familien sowie kaum mehr bezahlbare Energiekosten und Mieten führen auch dazu, dass immer mehr Menschen, die Angebote der Tafeln und Vesperkirchen in Anspruch nehmen müssen.
Hintergrund
Die „Schulranzen-Aktionen“ finanzieren sich über Sach- und Geld-Spenden, mancherorts kommt ein kleiner Eigenbeitrag hinzu. In den Städten, in denen die Diakonie keine solche Aktion zum Schulstart hat, übernehmen dies andere Stellen, oft in Form von Einkaufsgutscheinen.
Einige Schulranzen-Aktionen sind bereits abgeschlossen. So hatte die Diakonie im Landkreis Ludwigsburg, die diese Aktion seit mehr als 15 Jahren macht, in Zusammenarbeit mit dem bundesweiten Tatort-Verein und der Kreissparkasse mehr als 760 Schulranzen und 140 Sporttaschen im Angebot, konnte damit aber nicht alle Nachfragen bedienen. In Tuttlingen verteilte die Diakonie seit April bisher 70 Schulranzen – die Aktion läuft zusammen mit der Caritas, dem Jobcenter und dem Kinderschutzbund noch bis zum Schulstart. In Freudenstadt gibt es neben Ranzen und Sporttaschen auch Hefte, Stifte, Wasserfarben, Blöcke, Federmäppchen, Zirkel, Klebstoff, Lineal und andere Büroartikel –. In Heilbronn spendet seit mehreren Jahren der Kiwanis Club für Schulanfänger aus der Mitternachtsmission mit Frauen- und Kinderschutzhaus des Kreisdiakonieverbandes Heilbronn ein komplettes Set für den Schulbeginn. Seit diesem Jahr konnten auch alle Abteilungen des Kreisdiakonieverbandes Heilbronn daran partizipieren. In Böblingen wurden 120 neue Schulranzen an Kinder aus einkommensschwachen Familien verteilt, die Aktion fand zum zweiten Mal im Landkreis in Kooperation mit dem Round Table Böblingen statt. In Göppingen gibt es die Aktion seit 2008 über die Ökumenische Kinderstiftung Rückenwind. Die Diakonie in Neuenstadt am Kocher gewährt bedürftigen Familien einen finanziellen Zuschuss. In Heubach im Ostalbkreis gab es schon im Frühjahr „Schulranzen-Tage“.