Massive Preissteigerungen belasten Einrichtungen
Vor dem Hintergrund hoher Inflation kalkuliert die BruderhausDiakonie mit erheblichen Mehrkosten. Staatliche Hilfen für 2022 und 2023 sind dringend notwendig.
Reutlingen (bd) — Es ist nicht nur jede einzelne Flasche Speiseöl in Wohngruppen, die seit dem Frühjahr 2022 um rund ein Drittel teurer geworden ist. Kosten für Lebensmittel, Heizöl, Pellets und Strom sind innerhalb von sechs Monaten um durchschnittlich 28 Prozent gestiegen. „Auch beim Gas wissen wir, dass ab dem 1. Januar 2023 der zehnfache Preis zu zahlen ist“, macht Andreas Lingk, Kaufmännischer Vorstand der BruderhausDiakonie, deutlich. Hinzu käme, dass auch Baustoffe für notwendige Sanierungen in Einrichtungen mittlerweile weitaus teurer seien als noch vor einem Jahr. Die erheblichen Mehrkosten machten sich bereits mit mehreren Millionen Euro bemerkbar, doch das sei erst der Anfang. „Der Winter mit erhöhten Energiekosten und gleichzeitig den Monaten mit dem höchsten Energieverbrauch im Jahr steht noch bevor.“
Vor dem Hintergrund hoher Inflation der Sachkosten kalkuliert die BruderhausDiakonie mit erheblichen Mehrkosten. Staatliche Hilfen für 2022 und 2023 seien dringend notwendig, appelliert Lingk. Auch Diakoniepräsident Ulrich Lilie habe jüngst einen Hilfsfonds für die Sozialbranche gefordert. Dieser Hilfsfonds dürfe keinesfalls nur die Altenhilfe und Krankenhäuser umfassen. Auch die Eingliederungshilfe, Jugendhilfe sowie Arbeits- und berufliche Bildungsangebote seien dringend zu berücksichtigen, erläutert der Kaufmännische Vorstand der BruderhausDiakonie. „In Entgeltverhandlungen mit Kostenträgern wie den Pflegekassen werden von uns benötigte Anpassungen während eines Jahres sowie Entgeltsteigerungen mit Bezug auf den Energiekostenbereich überwiegend zurückgewiesen“, weiß Verena Münch, Geschäftsfeldleitung Altenhilfe der BruderhausDiakonie.
Momentan trage die BruderhausDiakonie wie viele soziale Dienstleister die Mehrkosten alleine, erläutert Andreas Lingk. Das sei nicht länger tragbar, denn eine gemeinnützige Stiftung wie die BruderhausDiakonie könne nur das ausgeben, was sie auch einnehme, „die Reserven sind nicht unendlich“, betont der Kaufmännische Vorstand. Zu den Preissteigerungen bei Energie, Lebensmitteln und Sachkosten kommen ergänzend noch tarifbedingte Personalkostensteigerungen von mehr als 3,7 Prozent ab dem 1. Juli 2022 im Sozial- und Erziehungsdienst hinzu. „Diese werden uns nicht rückwirkend von den Kostenträgern erstattet, sondern erst ab der Vereinbarung neuer Verträge“, erklärt Andreas Lingk und ergänzt, dass „Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst erst noch anstehen“.
„Unterm Strich“, so Verena Münch, „führen die Preissteigerungen zu einer Erhöhung der Eigenanteile der Bewohnerinnen und Bewohner, die entweder selbst getragen werden müssen oder final von den Kommunen“, denn es sei zu erwarten, dass es mehr Beantragungen von Sozialhilfe geben werde. „Ergänzend zum Rettungsschirm, den wir dringend benötigen, fordern wir endlich eine echte Pflegereform“, führt Verena Münch aus, „die Klientinnen und Klienten entlastet, etwa nach dem Beispiel der Initiative Pro-Pflegereform.“ Hierbei übernehme die Pflegeversicherung die Pflege- kosten und berechne dem Versicherten einen fixen begrenzten Eigenanteil.
Die BruderhausDiakonie erfüllt einen gesellschaftlichen Auftrag. „Wir versorgen in ganz Baden-Württemberg rund 10.000 Menschen“, sagt Andreas Lingk. Daseinsvorsorge sei Aufgabe von Sozialwirtschaft und öffentlicher Hand, „von der wir uns aktuell nicht immer ausreichend in den Kostenverhandlungen angenommen fühlen. Auf unsere Unterstützungsleistungen sind viele angewiesen: ältere wie auch jüngere Menschen mit und ohne Behinderung.“ Staatliche Hilfen kämen somit diesen Menschen zugute.