Länder müssen für ethisch vertretbare Umsetzung der PID sorgen
Kritik am Beschluss des Bundesrats zur Präimplantationsdiagnostikverordnung. Lob für Neuregelung des Bundestags zum Umgang mit „Sternenkindern“.
Stuttgart, 5. Februar 2013. Die Diakonie in Württemberg hofft nach dem Beschluss des Bundesrats zur Präimplantationsdiagnostikverordnung (PIDV) auf die sorgfältige Ausgestaltung durch die Länder. Sie sind für die Zulassung der PID-Zentren und die Einrichtung von Ethikkommissionen verantwortlich. „Wir erwarten, dass die Länder ihren Ermessensspielraum nutzen und die Zahl der PID-Zentren begrenzen“, sagt Claudia Heinkel, Leiterin der PUA-Fachstelle für Information, Aufklärung, Beratung zu Pränataldiagnostik und Reproduktionsmedizin des Diakonischen Werks Württemberg. Die PID, also die Untersuchung befruchteter Eizellen auf eine Krankheit oder Behinderung vor dem Einsetzen in die Gebärmutter, sei von erheblicher ethischer Brisanz. Dabei werde zwischen schützenswertem und nicht schützenswertem Leben unterschieden. Es müsse alles getan werden, dass sich die PID beispielsweise nicht zum Routineangebot an Paaren entwickle, die sich in reproduktionsmedizinischer Behandlung befinden. Dies entspräche nicht dem Willen des Gesetzgebers.
Heinkel begrüßt, dass die Ethikkommissionen nach der PID-Verordnung nun nicht nur medizinische, sondern ausdrücklich auch psychische, soziale und ethische Gesichtspunkte in die Entscheidung über einen Antrag auf PID einbeziehen dürfen. Sie bedauert, dass die Zentren weder zum Hinweis auf einen Anspruch auf vertiefende psychosoziale Beratung noch gar zur Kooperation mit Schwangerschaftsberatungsstellen verpflichtet werden. „Paare mit Kinderwunsch und einer genetischen Veranlagung zu einer schwerwiegenden Erbkrankheit, die sich für eine PID entscheiden, sind in einer konfliktreichen Situation. Psychosoziale Beratung kann sie unterstützen und ihnen helfen, auch mit der Belastung durch die Behandlung und ihrem Ergebnis klar zu kommen. Es wäre wünschenswert, wenn die Ärzte ihre Patientinnen über ihren Beratungsanspruch informierten.“
Auch nach dem Bundesratsbeschluss bleiben Unklarheiten bestehen: Es ist nicht geregelt, was mit den überzähligen Embryonen geschehen soll oder wie mit unerwarteten Nebenbefunden umgegangen wird. Auch fehlen präzise Vorgaben für die Dokumentation der Entscheidungen der Kommissionen, die eine Kontrolle des Parlaments über die Gesetzespraxis ermöglichten.
Dagegen begrüßt die Leiterin von PUA, dass der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften beschlossen hat. Dieses Gesetz gibt Eltern von so genannten „Sternenkindern“, also totgeborenen Kindern mit weniger als 500 Gramm Gewicht, erstmals die Möglichkeit, die Geburt beim Standesamt dokumentieren zu lassen und für ihr Kind eine Geburtsurkunde zu bekommen. „Seit Langem hat sich PUA für einen respektvollen Umgang mit fehl- oder totgeborenen Kindern eingesetzt. Eine solche Neuregelung ist eine große Erleichterung für Eltern, die ihr Kind verloren haben“, betont Heinkel.