Diakonie begrüßt neues Psychiatriegesetz
Sozialpsychiatrische Dienste müssen aber weiterentwickelt und finanziert werden.
Stuttgart. Die Diakonie in Württemberg begrüßt, dass die Hilfen für psychisch kranke Menschen nun auch in Baden-Württemberg geregelt sind. Zum 1. Januar 2015 tritt das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz in Kraft. „Den Rahmenbedingungen einer bedarfsgerechten psychiatrischen Versorgung werden damit rechtlich verbindliche Strukturen gegeben“, bewertet Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, das neue Gesetz. Zugleich werde die individuelle Rechtsstellung von psychisch erkrankten und behinderten Menschen gestärkt.
Professor Dr. Jürgen Armbruster, Vorsitzender des Fachverbands Psychiatrie der württembergischen Diakonie, bezeichnet das Gesetz als Meilenstein. Allerdings bedauert er, dass wichtige Regelungen nicht ausreichend konkret ins Gesetz aufgenommen wurden.
Als wichtigste ambulante Anlaufstellen für psychisch kranke Menschen gelten die rund 70 Sozialpsychiatrischen Dienste im Land. Deren Zuständigkeit wird im Gesetz wie bisher nur für den Personenkreis der Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung ausgewiesen. Für Menschen mit einer chronischen Suchterkrankung sowie Personen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung gibt es aber weiterhin keine vergleichbaren Dienste im häuslichen Umfeld.
Die Finanzierung der Sozialpsychiatrischen Dienste ist laut Kaufmann und Armbruster weiterhin unbefriedigend geregelt. Die Sozialpsychiatrischen Dienste würden zwar im Gesetz als zwingend notwendig erachtet, ihre Finanzierung hänge aber von den Freiwilligkeitsleistungen der Kommunen und von der Bereitschaft und den Möglichkeiten der Träger ab, die ungedeckten Ausgaben finanzieren zu können. „Ein so zentrales Hilfeangebot, das auch der Vermeidung von Maßnahmen der Unterbringung von psychisch erkrankten Menschen dient, muss als eine vom Land und den Kommunen zu finanzierende Pflichtleistung im Sinne der Realisierung der kommunalen Daseinsvorsorge angesehen werden“, betont Armbruster.
Obwohl es seit Jahren unumstritten sei, dass Baden-Württemberg ambulante psychiatrische Krisen- und Notfalldienste braucht, sind diese nicht in das Gesetz aufgenommen, sagen Kaufmann und Armbruster. Beide begrüßen die Neuregelung des Beschwerdewesens mit neu einzurichtenden Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen (IBB-Stellen) und einer Ombudsstelle im Sozialministerium. Bei der Finanzierung und Umsetzungsverpflichtung bleibe das Gesetz aber hinter seinen gesetzlichen Regelungsmöglichkeiten zurück.
Ein „sehr wichtiger Schritt“ für die Diakonie ist das zentrale Melderegister für die Erfassung von Zwangsmaßnahmen und Unterbringungsbeschlüssen in der klinischen Behandlung. Dadurch entstehe Transparenz und Vergleichbarkeit. Die Berichterstattung der Ombudsstelle gegenüber dem Gesetzgeber einmal pro Legislaturperiode werfe aber die Frage nach der Ernsthaftigkeit des Anliegens auf. Mit Spannung erwarten Kaufmann und Armbruster die Erarbeitung des Psychiatrieplans für Baden-Württemberg im nächsten Jahr, der die Regelungen des Gesetzes konkretisieren soll.