Irreguläre Beschäftigung an der Tagesordnung
Stuttgart, 20. Februar 2014. „Die Politik muss sich endlich auf allen Ebenen für die legale Beschäftigung von Betreuungskräfte in der häuslichen Pflege einsetzen“, forderte Oberkichenrat Dieter Kaufmann, Chef der württembergischen Diakonie auf der Pressekonferenz in Stuttgart. Auch wenn FairCare, ein Projekt der Diakonie Württemberg, des Vereins für Internationale Jugendarbeit (vij) und des Verbands der Evangelischen Frauen in Württemberg (EFW) nach drei Jahren offiziell beendet sei, gehe die Arbeit jetzt erst richtig los: „Die Not vieler Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen ist weiterhin groß und die Ausbeutung osteuropäischer Betreuungskräfte ist immer noch an der Tagesordnung.“ Auch wenn die künftige Finanzierung der Vermittlungstätigkeit noch unklar ist , wird der Verein für Internationale Jugendarbeit (vij) weiter mit den Kooperationspartnern in Rumänien und Polen Frauen fair und legal in deutsche Familien vermitteln und beraten. „Um die Qualität der Betreuung zu verbessern, wollen wir gemeinsam mit Diakoniestationen den Betreuerinnen Qualifizierungsmodule anbieten“, so Kai Schneider, Vorstand des vij.
Die Kosten für eine legale Betreuung liegen bei 2000 Euro im Monat. Neben den Kosten stellt außerdem die Bürokratie eine hohe Hürde für legale Beschäftigung dar. „Einerseits werden Privathaushalten in Not komplexe administrative Arbeitgeberpflichten aufgebürdet, an der im Projektverlauf selbst Fachkräfte an ihre Grenzen kamen. Andererseits führen die Unübersichtlichkeit von Vermittlungsagenturen und das Fehlern von Standards, Kontrollen und Rechtskenntnissen zur Ausbeutung von Frauen. Hier kann politisch gegengesteuert werden, so es gewollt ist“, betonte Dina Maria Dierssen vom Verband Evangelischer Frauen in Württemberg. Die Diakonie in Württemberg fordert deshalb die Politik auf, an einem Qualitätssiegel für Vermittlungsagenturen zu arbeiten. Zudem gebe es bereits Modelle, wie gute und legale Beschäftigung gefördert werden kann. Dieter Kaufmann: „Österreich hat mit dem Personenbetreuungsgesetz einen Weg beschritten. Seitdem dort durch Zuschüsse des Staates legale Arbeit nicht mehr teurer ist als Schwarzarbeit, erübrigt sich illegale Anstellung.“
Ziel des Projekts FairCare war auf die massenweise irreguläre Beschäftigung von Betreuungskräften zur Betreuung von Pflegebedürftigen in Haushalten zu reagieren. Ging man zu Beginn des Projektzeitraums in Deutschland noch von 100.000, 30.000 davon in Baden-Württemberg, irregulär beschäftigten Frauen aus Osteuropa aus, schätzt man ihre Zahl heute 400.000 Osteuropäerinnen. Die meisten davon arbeiten unter Bedingungen, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen: Sie müssen rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Viele haben keine Krankenversicherung und werden nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Und auch die Bezahlung entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben.