Inklusion ist eine Aufgabe für alle gesellschaftlichen Akteure
Über Chancen und Herausforderungen von Inklusion haben sich rund 100 Teilnehmende beim Forum Sozialraum in Aalen ausgetauscht. „Seit Jahren schon arbeitet die Diakonie an Möglichkeiten zur Beteiligung auch von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft“, sagte Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, beim Pressegespräch. Der Oberbürgermeister der Stadt Aalen, Kooperationspartner der Veranstaltung, Thilo Rentschler mahnte eine Grundhaltung an, die alle Menschen in den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Mobilität gleichberechtigt behandelt. Musikalisch begleitet wurde das Forum vom inklusiven Ensemble der Musikschule Bopfingen.
Aalen/Stuttgart, 25. September 2014. Inklusion will nach Worten Kaufmanns, dass alle Menschen, unabhängig von Behinderung oder sonstiger Benachteiligung, möglichst uneingeschränkt an den Angeboten der Gesellschaft teilhaben können. „Unter diesem neuen Leitbild muss sich nicht mehr der benachteiligte Mensch nach den Bedürfnissen der Gesellschaft richten. Vielmehr hat die Gesellschaft den Anspruch, ihre Strukturen der individuellen Situation benachteiligter Menschen anzupassen – und sie erst gar nicht auszugrenzen.“ Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention habe die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 ein Grundrecht formuliert, „ein neues Leitbild für die Gesellschaft“. In der Folge seien jetzt auch die Kom¬munen dazu verpflichtet, dies – beispielsweise mit Aktionsplänen – in die Praxis umzusetzen. Die Stadt Aalen setzt einen solchen Aktionsplan bereits um. Oberbürgermeister Rentschler benannte als Beispiele einen barrierefreien Zugang zum Ostalb-Klinikum, aber auch das Bestreben, „Barrieren in den Köpfen“ abzubauen. Kaufmann bezeichnete es als Gewinn für die Gesellschaft, wenn Menschen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen miteinander leben. „Es tut allen gut, wenn nicht nur alte Men¬schen als schwächer wahrgenommen werden und zum Beispiel Menschen mit Behinderungen eine besondere Unkompliziertheit hereinbringen.“ Damit dies gelingen kann, braucht es nach Erfahrung von Kaufmann und Rent¬schler ein gutes Zusammenspiel zahlloser Partner aus Gesellschaft, Politik, Kommune, sozialer Arbeit, Kirche und Wohlfahrtsverbänden.
Wie Inklusion in Aalen gelingt, erläuterte beispielhaft Gisela Graf-Fischer, Bereichsleiterin Wohnen bei der Behindertenhilfe Ostalb der Samariterstiftung. Sieben Menschen mit Behinderung leben als Wohngemeinschaft in einem Mietshaus im Zentrum der Stadt. „Der Umbruch raus aus der Einrichtung und rein in die Stadt war für alle spürbar.“ Die Bewohner pochten auf selbstbestimmtes Leben, die Mitarbeitenden mussten lernen loszulassen. Hin und wieder müssen sie unterstützen, wenn die Betreuten ihr Taschengeld auf einmal ausgeben oder nach einem Diskobesuch nicht rechtzeitig aus dem Bett kommen. „Wenn der Bewohner, der nicht hören und sprechen kann, mit Hilfe der Verkäuferin im Supermarkt mit den gewünschten Einkäufen heimkommt, ist das ein faszinierender Selbstwertgewinn. So etwas muss er erleben, das können wir nicht trainieren.“ Graf-Fischer wies auf drei inklusive Ensembles der städtischen Musikschule hin, bei der alle Teilnehmenden davon profitieren, nicht immer auf Perfektion zu spielen.