Langzeitarbeitslose sind keine Billiglohnreserve
Ein Mindestlohn von Anfang an ist für die Diakonie alternativlos.
Stuttgart, 26. Juni 2014: Anlässlich der öffentlichen Anhörung im Ausschuss Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages zum Tarifautonomiestärkungsgesetz am 30. Juni warnt die Diakonie Württemberg davor, die Arbeit von Langzeitarbeitslosen weniger wert zu schätzen und sie zu einer Billiglohnreserve zu machen. „Wer bisher ohne eine Mindestlohnregelung keine Arbeit gefunden hat, wird auch zukünftig keine finden, wenn er von der Mindestlohnregelung ausgenommen bleibt. Und die Annahme, dass Jugendliche auf eine Ausbildung verzichten würden, wenn sie zu Mindestlohnbedingungen mehr verdienen können, ist schlicht falsch“, stellt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Württemberg, fest. Das Menschenbild, das diese Ausnahmeregelungen motiviert, entmündigt die Menschen und unterstellt, dass sie sich ihrer Arbeitsintegration und Qualifizierung widersetzen würden. Langzeitarbeitslose müssen vielmehr vor Diskriminierung und Ausbeutung geschützt werden. Diese Forderung vertritt die Diakonie Württemberg gemeinsam mit vielen Partnern im Bündnis „Würde ist unteilbar – Bündnis für einen Mindestlohn ohne Ausnahmen“.
Grundsätzlich begrüßt die Diakonie die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro. „Angesichts dessen, dass 1,3 Millionen Menschen zu den Aufstockern gehören, die trotz eines Arbeitseinkommens zusätzliche Hartz-IV-Leistungen beantragen müssen, dass 3,7 Millionen Menschen bisher weniger als 8,50 Euro verdienen, ist dies längst überfällig und wird die Lebenssituation von über fünf Millionen Menschen verbessern“, so Kaufmann. Es sei allerdings ein verheerendes Signal für die Menschen und für die Gesellschaft, wenn Langzeitarbeitslose aufgrund ihres Status für die gleiche Arbeitsleistung schlechter bezahlt würden. Dies wirke wie ein Tribut an das Vorurteil, dass Arbeitslose schuld an ihrer Situation seien.
Nach Ansicht der Diakonie ist die Förderung, Unterstützung und Qualifizierung durch ausreichende und wirksame Angebote der aktiven Arbeitsmarktpolitik der richtige Weg Langzeitarbeitslosigkeit zu begegnen und nicht ein Ausschluss vom Mindestlohn.
Hinweise für die Redaktionen:
- Zum selben Thema versendet heute auch die Pressestelle der Diakonie Deutschland eine Pressemeldung.
- Die Stellungnahme der Diakonie Deutschland und ihres Fachverbandes EFAS zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie finden Sie unter: http://www.diakonie.de/referentenentwurf-eines-tarifautonomiestaerkungsgesetzes-14209.html
- Ein Interview mit Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland zum gesetzlichen Mindestlohn finden Sie unter http://www.diakonie.de/nachgefragt-ein-flaechendeckender-gesetzlicher-mindestlohn-ist-14245.html