Asylbewerber für die Altenpflege gewinnen und qualifizieren - Pilotprojekt mit dem Welcome Center Sozialwirtschaft und der Samariterstiftung
Mit Ausbildungsangeboten für Flüchtlinge dem Fachkräftemangel entgegenwirken: Pilotprojekte in der Altenpflege und in der Hauswirtschaft gehen im Landkreis Böblingen an den Start. Diakonisches Werk Württemberg, Welcome Center Sozialwirtschaft, Samariterstiftung und weitere Partner bieten Asylbewerbern über eine Ausbildung in Mangelberufen Perspektiven zu Aufenthalt und gesicherter Existenz in Deutschland.
Stuttgart, 17. November 2015. Zehn bis zwölf neue Auszubildende in der Pflege werden bis zum Herbst 2016 ihre Praxisstellen in den fünf Häusern der Samariterstiftung in und um Leonberg finden. Das Ausbildungsprojekt umfasst die zweijährige Altenpflegehelferausbildung für Migranten und weitere zwei Jahre Ausbildung zur Altenpflegefachkraft, wie es beispielsweise die Mathilde-Planck-Schule in Ludwigsburg anbietet. Eine Sprachqualifizierung bis Niveau B2 und Praktika ergänzen das Ausbildungspaket. Die dauerhafte Begleitung der Teilnehmenden ist vorgesehen. Der landeskirchliche Diakoniefons unterstützt das Projekt finanziell.
Kirche und Diakonie in Württemberg setzen sich für die Integration von Flüchtlingen ein. „Es ist unsere christliche Grundhaltung, dass jeder Mensch ein Geschöpf Gottes ist“, so Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. „Die Diakonie achtet die Würde jedes einzelnen Menschen.“ Zur Würde des Menschen gehöre, dass er Verantwortung übernimmt, für sich selbst, für seine Nächsten, für die Gesellschaft. „Und deshalb tragen wir dazu bei, dass Flüchtlinge die Möglichkeit haben, durch ihre eigene Arbeit für sich und ihre Familie sorgen zu können. Das ist der größte Wunsch der Flüchtlinge selbst. Sie wollen gerade nicht zu Almosenempfängern werden. Sie, die oft alles verloren haben oder zurücklassen mussten, wollen sich eine neue Existenz aufbauen.“
Mit diesem Ausbildungsprojekt betrete die Diakonie Neuland, sagte Kaufmann. Das Welcome Center Sozialwirtschaft, in diakonischer Trägerschaft und maßgeblich durch das Wirtschaftsministerium finanziert, bringe sein Know-how ein. Der Landkreis unterstütze nach Kräften. Die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Behörden und Ämtern sei sehr gut. „Wir als Diakonisches Werk sind stolz, dass wir Träger wie die Samariterstiftung haben, die bereit sind, ein solches Experiment zu wagen, die ihren Teil dazu beitragen wollen, dass Flüchtlinge in unsere deutsche Gesellschaft integriert werden.“
Das Pilotprojekt soll mit Blick auf eine entsprechende Ausweitung fortlaufend evaluiert werden: Wie sind Abläufe und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit weitere Träger und Regionen Altenpflegeauszubildende unter der Gruppe der Asylsuchenden gewinnen können?
Zu dem für die Diakonie maßgeblichen Ziel, dass sich Flüchtlinge hier gut integrieren, komme hinzu: „In der Diakonie, in der gesamten Sozialwirtschaft, insbesondere im Bereich der Pflege suchen wir Fachkräfte.“ Dieser Bedarf werde in den nächsten Jahren erheblich zunehmen. Bis 2030 würden etwa 50.000 neue Mitarbeitende in der Pflege gebraucht. „Und wir glauben, dass es unter den Flüchtlingen Männer und Frauen gibt, die gerne in der Pflege arbeiten würden. Sie bringen häufig kulturell bedingt eine große Wertschätzung gegenüber alten Menschen mit. Etwas, das wir in unserer Gesellschaft weithin verlernt haben. Also liegt es nahe, diese zwei Dinge miteinander zu verbinden. Die Notwendigkeit der Integration und den Bedarf an Pflegekräften.“
Er freue sich, dass die Landeskirche solche Projekte unterstützt. 10.000 Euro und damit die höchste Fördersumme hat jetzt der Verteilerausschuss des Diakonie-Spendenfonds zugesagt. Und noch einmal 10.000 Euro für ein ähnliches Projekt im Bereich der Hauswirtschaft. Hier sind die Ausbildungszahlen ebenfalls stark zurückgegangen; mangels Bewerbern vergrößert sich die Ausbildungslücke aufgrund des steigenden Bedarfs stetig. Die ersten jungen Asylbewerber sollen bei unterschiedlichen Trägern im Herbst 2016 ihre Ausbildung beginnen. „Es ist ein wichtiges Signal an unsere Mitglieder, dass die Landeskirche diese und weitere Projekte fördert. Nicht nur monetär, sondern auch mit ihren vielen Haupt- und Ehrenamtlichen, die Flüchtlinge begleiten und sie auf dem Weg zur Fachkraft unterstützen.“