Woche der Diakonie: Statement Oberkirchenrat Dieter Kaufmann
Woche der Diakonie – "Kommt gut an."
Statement von Oberkirchenrat Dieter Kaufmann
Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg
Sie leisten tätige Nächstenliebe, damit Menschen gut ankommen – mehr als 4.000 diakonische Einrichtungen in Baden-Württemberg mit rund 75.000 hauptamtlichen und 45.000 ehrenamtlichen Mitarbeitenden, mit unzähligen Unterstützern, Förderern und Türöffnern, die alle eines gemeinsam haben: Wer Hilfe benötigt, soll Hilfe bekommen. Damit sie gut ankommen: das Kind im Leben, der Gestrauchelte wieder in der Gesellschaft, der Verzweifelte in der Zuversicht, der Pflegebedürftige in guten Händen, der Ausgebeutete in fairen Bedingungen, der Rückkehrer in Sicherheit, der Flüchtende in Schutz und Heimat…
Damit ein solches Ankommen möglich ist, verstehen wir unter diakonischer Arbeit: Zuwendung, Ansprache, Kümmern, Hilfe zur Selbsthilfe. Sie ist Unterstützung, wo es nötig ist, und Selbstständigkeit, wo immer es möglich ist.
Diakonische Arbeit ist so Unterstützung und Bemühen um Integration und Inklusion. Unterstützung konkret durch Handgriffe, Begleitung und Beratung. Unterstützung auch im Sinne von anwaltschaftlicher Arbeit für Menschen, die ihre Stimme nicht selbst erheben können oder deren Stimme im allgemeinen Geräuschpegel untergeht. Ausgrenzung erkennen und überwinden. Damit der Mensch in seiner individuellen Situation sich angenommen und respektiert fühlt, unabhänging von individueller Leistungsfähigkeit, Besitz, Herkunft, Geschlecht oder anderen Unterschieden. Alle Menschen sind gleich in ihrer Würde. Deshalb sollen sie alle die Möglichkeit haben, gleichberechtigte am kirchlichen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und dieses mitzugestalten. Das ist gut ankommen.
Inklusion leben – darauf kommt es uns an
Es gibt vielerlei Gründe, weshalb Menschen nicht am kirchlichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben: körperliche Behinderung, geistige Behinderung, Herkunft, Glaube, Geldprobleme aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Überschuldung. Oft zieht die Arbeitslosigkeit die Überschuldung nach sich. Die Evangelische Landeskirche und ihre Diakonie vertreten einen weit gefassten Inklusionsbegriff und treten dafür ein, jede Art der Ausgrenzung zu überwinden. Gemeinsam mit den Kirchengemeinden arbeiten sie daran, gelebte Inklusion zu systematisieren und besser zu strukturieren. Kirchengemeinden und diakonische sollen gegenseitig noch mehr von ihren positiven Erfahrungen profitieren und sich auch gerade dann austauschen, wenn eine Idee mal nicht geklappt hat. Barrierefreiheit, Willkommenskultur, Nachbarschaftshilfe, Toleranz und Respekt – das sind nur einige der Themen, die für ein inklusives Miteinander notwendig sind. Bis zum Jahr 2020 soll Inklusion als Querschnittsthema und Handlungsstrategie innerhalb von Landeskirche und Diakonie verankert sein.
Öffentlich geförderte Beschäftigung
Die Diakonie setzt sich dafür ein, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Arbeitslosigkeit verfestigt sich und wird vererbt. Ein gangbarer Weg, diesem entgegen zu wirken, ist der des Passiv-Aktiv-Tauschs – PAT. Mittlerweile diskutiert ihn Andrea Nahles auf der Bundesebene. Der PAT geht zurück auf eine Idee der Diakonie Württemberg. Es ist nicht nur ein biblisches Gebot, dass jeder von seiner Arbeit leben können und Altersarmut vorbeugen muss.
Dazu gehört, dass wir junge Menschen auf dem Weg in eine Ausbildung unterstützen, wenn sie Orientierung oder gar Halt benötigen. Etwa 2.000 Freiwillige vermitteln wir jedes Jahr in unterschiedliche Freiwilligendienste und Freiwilligenprogramme, teils mit der Chance, einen schon aufgegebenen Schulabschluss nachzuholen.
Flüchtlinge
Von den 60 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, ist etwa die Hälfte jünger als 18 Jahre. Rund 1.500 Kinder und Jugendliche, die ohne Erwachsene angekommen sind, haben in unseren Einrichtungen Zuflucht gefunden. Seit die Balkanroute geschlossen wurde, ist die Zahl der Zuweisungen sehr zurückgegangen. Alle Beteiligten können sich intensiver um diejenigen kümmern, die vor Ort sind. Die jungen Menschen haben viel erlebt, viel mitgemacht, nun müssen sie sich in ihrer neuen Heimat zurechtfinden. Dazu benötigen sie unsere Unterstützung. Damit sie gut ankommen, wenn sie die Einrichtungen verlassen und auf eigenen Füßen stehen wollen.
Arbeitsmigration
Nachdem unser Ausbildungsprojekt in der Altenpflege für junge Kosovaren gut angekommen ist und in die zweite Runde geht, steht nun das nächste Modellprojekt in den Startlöchern. Zunächst 20 Ausbildungsplätze in der Hauswirtschaft stehen für junge Flüchtlinge und Migranten mit erhöhtem Sprachförderbedarf zur Verfügung. Die Sozialwirtschaft braucht dringend Hauswirtschafter. Die Bewerbungen sind seit längerem rückläufig – bei gleichzeitig steigendem Bedarf in der Hauswirtschaft aufgrund geänderter gesetzlicher Vorgaben und der demographischen Entwicklung. Im Jahr 2015 konnten in Baden-Württemberg nur 156 Ausbildungsplätze besetzt werden, das ist im Vergleich zu 2008 ein Rückgang von 50%. Diesem Trend wollen wir mit dem Pilotprojekt für Flüchtlinge entgegenwirken. Derzeit läuft die Bewerbungsphase für den Ausbildungsstart im September 2016. Einige wenige Ausbildungsplätze sind noch zu haben.
Das waren nun wenige Facetten der umfangreichen diakonischen Arbeit im Land. In der Woche der Diakonie, die wir jedes Jahr begehen, stellen die wir die Tätigkeit der hundertzwanzigtausend haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in Baden-Württemberg in den Mittelpunkt. Sie tragen Tag für Tag unermüdlich dazu bei, dass viele, viele Menschen gut ankommen. Dafür sagen wir danke.
Wir sagen danke, dass Freunde und Partner unsere Arbeit unterstützen, Türen öffnen und Durchgänge erleichtern. Und wir sagen danke, dass Spenderinnen und Spender durch ihre finanziellen Zuwendungen vielerlei Projekte und Unterstützung ermöglichen. Das kommt gut an bei uns und bei denjenigen, denen unsere Arbeit zugutekommt. Helfen Sie uns weiterhin, damit wir mehr helfen können.
Ein Teil der Spenden fließt in den Diakonie-Spendenfonds, der Projekte und Aktionen in ganz Württemberg fördert. Zum Beispiel das „Café-Tee-Mobil“. Mit dem bunten fröhlichen Gefährt wecken Ehren- und Nebenamtliche Aufmerksamkeit. An Flüchtlingsunterkünften, Kindergärten, Schulen und bei Veranstaltungen in den Kirchengemeinden laden sie zu Kaffee, Tee und Gesprächen ein. Das Mobil ist ein Ort der Begegnung, der Information und persönlichen Beratung. Interessierte erhalten Informationen über Sprachkurse, Veranstaltungen, Hilfsangebote und Ansprechpartner. Damit Menschen gut ankommen.
Ganz aktuell sammeln wir für Überschwemmungsopfer in Württemberg. Viele Menschen sind betroffen, und wer vorher schon wenig hatte, ist möglicherweise in arge Not geraten. Wie eine schwerbehinderte Dame aus dem Hohenlohekreis, die von Grundsicherung lebt und sich in einem Insolvenzverfahren befindet. Ihre Wohnung ist verschlammt. Die Schwerbehinderte kann dort vorerst nicht leben. Beiträge für eine Hausratversicherung, die nun für den Schaden aufkommen könnte, konnte sie sich nicht leisten. Menschen ohne Versicherung sind leider kein Einzelfall. Armut und insbesondere Altersarmut ist in unserer wohlhabenden Gesellschaft präsent. Die Evangelische Landeskirche und die Diakonie-Katastrophenhilfe stellen uns bis zu 100.000 Euro zur Verfügung. Wir sammeln weitere Spenden für die Not gleich nebenan.
Diakonie macht viel. Mit Spenden leistet sie noch mehr. Deshalb sammeln während der Woche der Diakonie über 1.700 Kirchengemeinden für die laufende Arbeit der Diakonie und werben um Unterstützung. Damit wir alle gut ankommen.