10. Juni 2016

Abgehängt trotz wirtschaftlich guter Lage im Land

Diakonie Württemberg macht auf verfestigte Armut aufmerksam.

Die wirtschaftlich gute Lage in Baden-Württemberg lässt viele Menschen im Land außen vor, insbesondere Langzeitarbeitslose. Sie haben ein Armutsrisiko von über 70 Prozent. Die Diakonische Bezirksstelle in Ditzingen informiert anlässlich der Woche der Diakonie unter anderem über das Risiko der vererbten Armut und ihr Schulranzen-Projekt. Die Diakonie Württemberg fordert, Arbeit zu finanzieren statt Arbeitslosigkeit.

Stuttgart/Ditzingen, 10. Juni 2016. Der Schein trügt: Prozentual geht die Langzeitarbeitslosigkeit zurück. Das liegt daran, dass mehr Menschen eine Arbeit finden und die Zahl der Arbeitslosen insgesamt sinkt. Das betrifft jedoch nicht die Langzeitarbeitslosen. Ihre Anzahl bleibt gleich, d.h. Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt sich in Baden-Württemberg.

Langzeitarbeitslose haben ein Armutsrisiko von 70 Prozent und nach zweijähriger Arbeitslosigkeit von fast 75 Prozent, ist dem Armuts- und Reichtumsbericht Baden-Württemberg zu entnehmen. Arbeitslosigkeit und vor allem Langzeitarbeitslosigkeit macht arm und die Menschen können sich mit Blick auf die Statistik wenig Hoffnung machen, dass sie ihre Situation verbessern können.

„Es ist nicht nur ein biblisches Gebot, dass jeder von seiner Arbeit leben können und Altersarmut vorbeugen muss“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. „Es freut uns sehr, dass die regierenden Parteien in ihrem Koalitionsvertrag erklärt haben, das Landesarbeitsmarktprogramm fortsetzen zu wollen. Sie müssen jetzt ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Wir fordern seit Langem von der Politik eine Wiederbelebung der öffentlich geförderten Beschäftigung.“ Die Finanzierung von Arbeit statt Arbeitslosigkeit bedeute einen gesellschaftlichen Mehrwert.

Das Projekt Beschäftigungsgutscheine von Diakonie und Landeskirche hat gezeigt, wie dies möglich ist. Basis ist die Idee des Passiv-Aktiv-Tauschs (PAT), den die Diakonie Württemberg entwickelt hat. Der Grundgedanke ist, dass alle Gelder, die für einen Langzeitarbeitslosen gezahlt werden (Arbeitslosengeld II, Unterkunftskosten etc.) das finanzielle Fundament für einen Beschäftigungsplatz bilden. Dazu addiert sich der Erlös, den der Beschäftigte erwirtschaftet. Diese Summe ist ausreichend für einen sozialversicherungspflichtigen Lohn. Mittlerweile diskutiert Andrea Nahles diese Idee auf Bundesebene.

In diakonischen Beratungsstellen wie der in Ditzingen ist Armut häufig ein Thema. In fast allen Beratungsgesprächen werde die Geldnot als Problem benannt, sagte Simone Schächterle, Leiterin der Diakonischen Bezirksstelle Ditzingen. Mit dem Schulranzen-Projekt zum Beispiel unterstützen Schächterle und ihr Team Familien, die in besonderem Maße von finanzieller Not betroffen sind. Die Schulranzenaktion der Beratungsstelle erfreue sich großer Nachfrage. Zum neuen Schuljahr können Bedürftige einen gespendeten Ranzen beantragen. „Die große Nachfrage zeigt, wie vielen Familien das Geld fürs Notwendige fehlt. Und es zeigt, dass die Leistungen für Hartz-IV-Bezieher für notwendige Lernmittel für die Schule nicht ausreichen.“

Anlässlich der Woche der Diakonie lädt die Diakonische Bezirksstelle Ditzingen zu einem Tag der Offenen Tür. Simone Schächterle und ihr Team stellen ihr Beratungsangebot und Projekte zur Unterstützung hilfebedürftiger Menschen vor:

13. Juni 2016, 12 bis 16 Uhr
Diakonische Bezirksstelle Ditzingen
Mittlere Str. 17
71254 Ditzingen

Besucherinnen und Besucher haben Gelegenheit, die Einrichtung zu besichtigen und die verschiedenen Beratungsangebote kennenzulernen. Mitarbeiterinnen der einzelnen Fachgebiete informieren zum Beispiel über die Lebens- und Sozialberatung, die Migrationsberatung und die Schwangerenberatung.

Woche der Diakonie 2016
Die Woche der Diakonie findet landesweit vom 12. bis 19. Juni 2016 unter dem Motto „Kommt gut an“ statt. Die Eröffnung findet am 11. Juni 2016 ganztätig auf der Landesgartenschau in Öhringen statt. In zahlreichen Veranstaltungen stellen diakonische Einrichtungen und Dienste ihre Arbeit vor und werben um Unterstützung. Die Diakonie sagt „Danke!“ und würdigt das Engagement von 75.000 hauptamtlichen und 45.000 ehrenamtlichen Mitarbeitenden, unzähligen Unterstützern, Förderern und Türöffnern. Diese setzen sich unermüdlich dafür ein, damit andere gut ankommen: das Kind im Leben, der Gestrauchelte wieder in der Gesellschaft, der Verzweifelte in der Zuversicht, der Pflegebedürftige in guten Händen, der Ausgebeutete in fairen Bedingungen, der Rückkehrer in Sicherheit, der Flüchtende in Schutz und Heimat…

Diakonische Arbeit braucht Unterstützung. Die Woche der Diakonie ist eine der größten Spendenaktionen in Baden-Württemberg. Das Engagement im Haupt- und Ehrenamt sowie Spendengelder helfen, noch mehr Angebote für Hilfsbedürftige zu schaffen.

In den evangelischen Gottesdiensten ist am 19. Juni das Opfer für die diakonische Arbeit bestimmt.

Spendenkonto
Diakonisches Werk Württemberg
Evangelische Bank
IBAN: DE46 5206 0410 0000 2233 44
Kennwort: Woche der Diakonie

Mehr Info

Woche der Diakonie   
Eröffnung am 11. Juni 2016 auf der Landesgartenschau Öhringen 
Veranstaltungen während der Woche der Diakonie    (fortlaufend aktualisiert)
Gottesdienste zur Woche der Diakonie in Württemberg   (fortlaufend aktualisiert)

Wirkungsbericht Beschäftigungsgutscheine   
Langzeitarbeitslosen eine Stimme und ein Gesicht geben   
Langzeitarbeitslose Menschen integrieren   

Das Diakonische Werk Württemberg 
Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein selbstständiges Werk und der soziale Dienst der Evangelischen Landeskirche und der Freikirchen. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes unterstützt der Wohlfahrtsverband im Auftrag des Staates hilfebedürftige Menschen. Das griechische Wort „Diakonia“ bedeutet „Dienst“. Die Diakonie in Württemberg ist ein Dachverband für 1.200 Einrichtungen mit 40.000 hauptamtlichen und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie begleiten Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 200.000 Menschen. Das Diakonische Werk Württemberg ist ebenfalls Landesstelle der Internationalen Diakonie, Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Hoffnung für Osteuropa.