16. Juni 2016

Gut ankommen im eigenständigen Leben

Diakonie Württemberg ist stärkster Verband in der Betreuung junger Flüchtlinge.

Schutz, Aufnahme, Versorgung und Betreuung junger Flüchtlinge sind eine Kernaufgabe der Diakonie und ihrer Einrichtungen. Von den derzeit rund 7.300 in Baden-Württemberg untergebrachten minderjährigen Flüchtlingen leben etwa 1.500 in Einrichtungen der diakonischen Jugendhilfe in Württemberg. „Dass junge Menschen gut in einem eigenständigen Leben ankommen, liegt uns am Herzen“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, anlässlich der Woche der Diakonie. „Die Jungen und Mädchen, die vor Krieg und Terror geflüchtet und ohne ihre Eltern hier angekommen sind, benötigen unsere besondere Zuwendung und Unterstützung. Dafür brauchen wir ein aktives Netzwerk zwischen Diakonie, Kirche, Politik und Gesellschaft.“

Stuttgart, 16. Juni 2016. Flucht und Vertreibung ziehen sich wie ein roter Faden durch die Bibel, so Kaufmann. „Ich bin fremd gewesen und ihr habt mich aufgenommen“ (Matthäus 25, 35), sei Jesu Botschaft. Deshalb engagiere sich die Diakonie in Württemberg in der Flüchtlingshilfe. Nächstenliebe schließe die Fremden ein. „Wir helfen Schutzbedürftigen in Not und unterstützen junge Flüchtlinge, damit sie sich gut einleben und qualifizieren. Sie zu integrieren und zu beteiligen, ist eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, unterstreicht Kaufmann. „Auch deshalb steht die Woche der Diakonie 2016 unter dem Motto Kommt gut an. Ich danke allen, die uns helfen zu helfen, damit Menschen gut ankommen. Helfen Sie weiterhin.“

Das Diakonische Werk Württemberg und seine Einrichtungen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA). Es ist Mitglied der Steuerungsgruppe des Landes und bringt seine Erfahrung und sein Wissen ein. Diese erarbeitete mit den Ministerien, dem Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) und den Kommunalen Landesverbänden Standards und Empfehlungen zur Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von UMA in der Zuständigkeit der Stadt- und Landkreise. Derzeit beraten Land, Kommunale Verbände, die Diakonie Württemberg und weitere Akteure der freien Wohlfahrtspflege ein Programm zur Sonderfinanzierung des Aufbaus zusätzlicher Plätze für UMA. 

„Wir als Verband sind von unseren Mitgliedern bei der Unterbringung von UMA stark gefragt“, sagt Ulrich Fellmeth, Leiter der Abteilung Kinder, Jugend und Familie. Der Bedarf an Abstimmung, Austausch und Aufbau von fachlichem Know-how sei hoch. Die Einrichtungen müssten überwiegend neue Angebote und Unterkünfte in Einrichtungen auf der Grundlage des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) schaffen. Für jede Gruppe seien eine Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes, eine Konzeption sowie Leistungs- und Entgeltvereinbarung erforderlich.

An der Betreuung unbegleiteter Minderjähriger beteiligen sich 45 diakonische Einrichtungen der Jugend-, der Behinderten- und der Wohnungslosenhilfe an über 50 Standorten in 26 Stadt- und Landkreisen. Die Angebote umfassen Plätze zur (vorläufigen) Inobhutnahme, Hilfen zur Erziehung und Hilfen für junge Volljährige in Wohngruppen der Heimerziehung, des Betreuten Jugendwohnens, in Jugendwohnheimen, Internaten und Gastfamilien. Die diakonische Jugendhilfe unterstützt ebenso Kinder und Jugendliche, die gemeinsam mit Familienangehörigen gekommen sind, sowie junge Erwachsene, die alleine auf der Flucht sind.

Beispiel Paulinenpflege Winnenden
Die Paulinenpflege als größter Jugendhilfeträger im Rems-Murr-Kreis stand ab November 2015 durch die Zuweisungsquote nach dem Königssteiner Schlüssel vor einer großen Herausforderung, informiert Joachim Hoffmann, Geschäftsführer Jugendhilfeverbund/BBW Internate. Die Zahl der untergebrachten UMA im Kreis sei im Zeitraum November 2015 bis März 2016 von 72 auf 262 junge Menschen gestiegen. Zurzeit betreut die Paulinenpflege 88 unbegleitete minderjährige Ausländer. Alle Verantwortlichen in der Paulinenpflege seien gefordert gewesen, Immobilien zu finden, diese auszustatten, Personal zu akquirieren, die Anträge auf Betriebserlaubnis für die neuen Angebote zu stellen und die Angebote mit ihren spezifischen Leistungen und Entgelten mit dem örtlichen Jugendamt zu verhandeln. Die jungen Menschen, die in der Regel zwischen 16 und 18 Jahre alt sind, brauchten zudem einen Schulplatz. Die Paulinenpflege eröffnete in kurzer Zeit drei Klassen zur Vorqualifizierung für Arbeit und Beruf und unterstützt Flüchtlinge bei der Suche nach einem Praktikums-, Arbeits- und Ausbildungsplatz. Laut Hoffmann benötigen die jungen Menschen ein abgestimmtes Unterstützungssystem, in dem Kommunen, Kreis, freie Träger der Jugendhilfe, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Wirtschaft, Ausbildungsträger, Bundesagentur für Arbeit, Job Center, Schulen und Ehrenamtliche vernetzt arbeiten. Denn: „Die jungen Menschen sollen nach der Jugendhilfe nicht in die Obdachlosigkeit rutschen und Bezieher von Hartz-IV-Leistungen werden.“

Beispiel eva
Die Evangelische Gesellschaft (eva) begleitet im Mönchhof in Kaisersbach als erste Anlaufstelle durchschnittlich 24 männliche Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren. Ehrenamtliche der Kirchengemeinde helfen beim Deutschlernen und in alltäglichen Dingen. Zunächst angelegt als Notlösung, hat sich der Mönchhof zum regulären Jugendhilfeangebot entwickelt. „Am Anfang mussten die Sozialarbeiter meist die Erwartung der jungen Leute dämpfen, dass sie gleich arbeiten können“, erklärt Monika Memmel, Abteilungsleiterin Dienste für Kinder, Jugendliche und Familien in der Region bei der Evangelischen Gesellschaft (eva). Den jungen Menschen fehle Kleidung und Hygieneartikel. Arztbesuche seien notwendig. Die jungen Menschen kämen oft psychisch sehr angeschlagen an. Manche hätten ihre Eltern auf der Flucht verloren. Andere mussten erfahren, dass zurück gebliebene Verwandte in der Heimat schwer verletzt wurden oder verstorben sind. „In der Regel gelingt es, die UMA in den Wochen oder auch Monaten ihres Aufenthaltes auf dem Mönchhof zu stabilisieren, bis sie in andere Einrichtungen oder zu Gastfamilien umziehen können“, sagt Monika Memmel.

Woche der Diakonie 2016
Die Woche der Diakonie findet landesweit vom 12. bis 19. Juni 2016 unter dem Motto „Kommt gut an“ statt. In zahlreichen Veranstaltungen stellen diakonische Einrichtungen und Dienste ihre Arbeit vor und werben um Unterstützung. Die Diakonie sagt „Danke!“ und würdigt das Engagement von 75.000 hauptamtlichen und 45.000 ehrenamtlichen Mitarbeitenden, unzähligen Unterstützern, Förderern und Türöffnern. Diese setzen sich unermüdlich dafür ein, damit andere gut ankommen: das Kind im Leben, der Gestrauchelte wieder in der Gesellschaft, der Verzweifelte in der Zuversicht, der Pflegebedürftige in guten Händen, der Ausgebeutete in fairen Bedingungen, der Rückkehrer in Sicherheit, der Flüchtende in Schutz und Heimat…

Diakonische Arbeit braucht Unterstützung. Die Woche der Diakonie ist eine der größten Spendenaktionen in Baden-Württemberg. Das Engagement im Haupt- und Ehrenamt sowie Spendengelder helfen, noch mehr Angebote für Hilfsbedürftige zu schaffen.

In den evangelischen Gottesdiensten ist am 19. Juni das Opfer für die diakonische Arbeit bestimmt.

Spendenkonto
Diakonisches Werk Württemberg
Evangelische Bank
IBAN: DE46 5206 0410 0000 2233 44
Kennwort: Woche der Diakonie

Mehr Info
Woche der Diakonie
Veranstaltungen während der Woche der Diakonie   
 (fortlaufend aktualisiert)
Gottesdienste zur Woche der Diakonie in Württemberg   (fortlaufend aktualisiert)

Das Diakonische Werk Württemberg 
Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein selbstständiges Werk und der soziale Dienst der Evangelischen Landeskirche und der Freikirchen. Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes unterstützt der Wohlfahrtsverband im Auftrag des Staates hilfebedürftige Menschen. Das griechische Wort „Diakonia“ bedeutet „Dienst“. Die Diakonie in Württemberg ist ein Dachverband für 1.200 Einrichtungen mit 40.000 hauptamtlichen und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie begleiten Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 200.000 Menschen. Das Diakonische Werk Württemberg ist ebenfalls Landesstelle der Internationalen Diakonie, Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Hoffnung für Osteuropa.