31. Januar 2018

Augenmerk auf Hintergründe der verkündeten Arbeitsmarktzahlen legen

  • 114.700 Beschäftigte mehr, aber nur 21.535 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr
  • 298.324 oder 4,8 Prozent Unterbeschäftigte
  • 48.755 Personen haben ihre Arbeitslosigkeit beendet, aber nur 15.492 Personen konnten in eine Erwerbstätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt übergehen
  • Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger steigt auf 326.265 erwerbsfähige Leistungsberechtigte und sinkt gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig ab.

Stuttgart, 31. Januar 2018. Die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat eine Kehrseite. Trotz sinkender Arbeitslosigkeit steigt die Zahl der Menschen, die von den Hartz-IV- Leistungen leben müssen. 326.265 erwerbsfähige Leistungsberechtigte und 134.315 weitere Angehörige sind auf die Unterstützung angewiesen. Zwar sind die Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger zum 1. Januar um 7 Euro oder 1,7 Prozent angehoben worden, was scheinbar der allgemeinen Preisentwicklung entspricht. Tatsächlich muss der größte Teil dieser Unterstützungsleistung aber für Lebensmittel ausgegeben werden und deren Preise sind laut der aktuellen Meldung des Statistischen Landesamtes um 3,7 Prozent gestiegen. Die Lebenslage der Hartz-IV-Empfänger hat sich also verschlechtert.

Wenn man die offizielle Statistik aufmerksam liest, erkennt man, das die Lage der Arbeitslosen mit der positiven Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes nicht Schritt hält. Die Zahl der Unterbeschäftigten – derer, die krank oder in Maßnahmen, aber eigentlich auch arbeitslos sind, fällt mit 298.324 deutlich höher aus als die der registrierten Arbeitslosen und  ist  gegenüber dem Vorjahresmonat deutlich geringer gefallen als die Arbeitslosenzahl.

Der Bericht der Arbeitsagentur weist aus, dass im Dezember zwar 48.755 Personen ihre Arbeitslosigkeit beendeten, dass aber nur 15.492 oder 31,8 Prozent dieser Personen aus der Arbeitslosigkeit in eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt übergehen konnten.

Die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit zeigt sich besonders an der durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit im SGB II, die jetzt bei 589 Tagen liegt und im langfristigen Trend weiterhin steigt. Und sie werden immer weniger unterstützt: Die Zahl der Beschäftigung schaffenden Maßnahmen ist gegenüber dem Vormonat  drastisch um 1.094 auf 3.686 Plätze zurückgegangen. Diese Zahl ist gegenüber einer Gesamtzahl von 59.372 Langzeitarbeitslosen mehr als ungenügend. Insgesamt werden den baden-württembergischen Jobcentern 2018 mehr als 17,3 Millionen Euro weniger für Integrationsmaßnahmen zur Verfügung stehen, und zusätzlich wird weiterhin ein erheblicher Teil der Eingliederungsmittel für die Verwaltungskosten der Jobcenter verwendet werden müssen.

Die im Wahlkampf versprochene Unterstützung von Langzeitarbeitslosen verkehrt sich in ihr Gegenteil. Die im Sondierungspapier angekündigte Erhöhung der Eingliederungsmittel um bundesweit eine Milliarde Euro pro Jahr gleicht nicht die Kürzungen aus, die in den vergangenen Jahren vorgenommen waren, und sie kann für 2018 schon nicht mehr umgesetzt werden. Vielmehr hat die verzögerte Regierungsbildung im Bund für die Arbeitsagenturen und Jobcenter zur Folge, dass sie einer „vorläufigen Haushaltsführung“ unterliegen und damit nur einen Teil der geplanten Haushaltmittel einsetzen dürfen.

Die Diakonie fordert die Bundesregierung und alle Parteien im Bundestag dringend dazu auf, diese Fehlentwicklung zu korrigieren. Die Diakonie fordert, die positive wirtschaftliche Entwicklung zu nutzen, um Langzeitarbeitslosen durch eine qualifizierte öffentlich geförderte Beschäftigung die Teilhabe an Arbeit zu ermöglichen und eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen.

Weitere Hinweise unter:
http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/