21. November 2019

Journalismus in Zeiten der Digitalisierung

Gruppenbild der Preisträger mit Oberkirchenrat Dieter Kaufmann (l.)

17. Diakonie Journalistenpreis in Stuttgart verliehen

Im Rahmen einer festlichen Veranstaltung in Stuttgart ist am Donnerstagabend der 17. Diakonie Journalistenpreis Baden-Württemberg vergeben worden. Zehn Journalisten wurden für ihre Beiträge in den Kategorien Print, Fernsehen, Online und Hörfunk (kurz/lang) ausgezeichnet.

Stuttgart, 21. November 2019. „Die Berichterstattung über soziale Themen ist in Zeiten von Digitalisierung, Umstrukturierungen in den Redaktionen und immer weniger Zeit für eigene Recherche umso wichtiger“, so Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. „Das wollen wir würdigen.“ Die Jury aus namhaften Journalisten, Wissenschaftlern und Vertretern von Diakonie und Kirche wählte aus mehr als 100 Einsendungen die diesjährigen Preisträger aus. Insgesamt wurden Preisgelder von 12.500 Euro vergeben. Bei der Preisverleihung in Stuttgart nahmen die Preisträger, ihre Familien sowie Kollegen und Protagonisten aus den Beiträgen teil. Der Diakonie Journalistenpreis wird auch 2020 ausgelobt.

In der Kategorie Fernsehen entschied sich die Jury für den WDR-Beitrag „Männlich – weiblich – oder was? Leben mit dem dritten Geschlecht“. Franziska Ehrenfeld, Insa Rauscher und Hannah Reineke geben mit ihrem Beitrag ungeschönt Einblick in ein bis heute tabuisiertes Thema, klären auf und schaffen Verständnis. Dabei gehen die Autoren respektvoll und einfühlsam mit dem Thema und den Protagonisten um. Der Beitrag bringt dem Zuschauer Menschen näher, deren schwierige Situation nicht sichtbar, deren Notlage kaum bekannt ist. Insofern ist der prämierte Beitrag ein gelungenes Beispiel für anwaltschaftlichen Journalismus.

„Feinfühlig und lustig – Clowns bringen Lebensfreude ins Pflegeheim“ überzeugte die Jury in der Kategorie „Hörfunk kurz“. Die Jury beeindruckte die Lebendigkeit des Kurz-Beitrags von Tina Löschner vom SWR-Studio Friedrichshafen. Handwerklich gut gestaltet ist er von hoher journalistischer Qualität. Die Autorin zeichnet sich durch ihre gute Beobachtungsgabe aus. Sie setzt situative O-Töne und Atmosphärisches gekonnt ein. Gleichzeitig transportiert der Beitrag zahlreiche Details über die Arbeit der Clowns, wodurch deren hohe fachliche Kompetenz und die Bedeutung ihrer Arbeit gut nachvollziehbar werden.

Einen spannenden Erzählansatz hat der Beitrag von Philipp Lemmerich und Jonas Weyrosta in der Kategorie „Hörfunk lang“. In ihrer Reportage für Deutschlandfunk Kultur geht es um einen jungen Algerier, der vor 17 Jahren in Baden-Württemberg um Asyl gebeten hat und abgeschoben wurde. Abgeschoben nach Algerien – „Frau Toni, mir geht es gut“ berichtet über die Verbindung von Mohammed zu einer deutschen Gast-Familie, wie sich sein Leben seit damals entwickelt hat und wie irreal die Vorstellungen junger Algerier über Europa auch heute noch sind. Die Jury überzeugte, wie es den Autoren gelingt, eine Migrations-Geschichte aus mehreren Perspektiven zu betrachten.

Der Siegerbeitrag in der Kategorie Online hat den Titel „Sind wir handysüchtig?“. Die Multimediareportage erstellte Julia Weidemann in der Online-Redaktion der Badischen Neuesten Nachrichten. Die Jury beeindruckte das kreative Herangehen und die umfassende Darstellung des Themas. Mit einer Vielfalt an optischen und akustischen Möglichkeiten nähert sich die Autorin dem Thema Handysucht aus einer Vielzahl von Perspektiven. Ein Selbstversuch, Beobachtungen unterwegs, Umfragen, O-Töne von Experten sowie Erkenntnisse von Eltern und Kindern sind genauso dabei wie Tipps zum Digital Detox beim Waldspaziergang.

Der Preis in der Kategorie Print wird vergeben für den Bericht „Aus dem Nebel“. Das Autorenteam Lisa Böttinger, Stefan Hupka und Patrik Müller widmete sich in der Badischen Zeitung dem Thema Suizid. Ein außergewöhnliches Vorhaben, weil die Medien damit zurückhaltend umgehen, um einen Nachahmungseffekt zu vermeiden. Die Jury würdigt, dass die Autoren die Häufung von Suiziden an einer bestimmten Bahnstrecke zum Anlass nahmen, um sensibel und informativ die Not von Menschen aufzugreifen und Möglichkeiten zur Hilfe zu benennen. Sie lassen Mediziner, Einsatzkräfte und Angehörige zu Wort kommen.