31. Januar 2024

Gutes Zeugnis für Pilotprojekt

27 Pflegefachkraft-Azubis der Akademie für Gesundheit und Soziales arbeiten im Rahmen eines Pilotprojekts für zwei Wochen im Mariaberger Haus Faigle mit. © Foto: Mariaberg

Nach zwei Wochen ging am vergangenen Donnerstag, den 25. Januar 2024, das Pilotprojekt „Lernende leiten eine Pflegeeinheit“ der Akademie für Gesundheit und Soziales (AGS) aus Sigmaringen-Laiz und dem Sigmaringer Haus Faigle zu Ende. 27 Auszubildende des Jahrgangs 2021 bis 2024 der generalistischen Pflegeausbildung übernahmen das Wohnangebot des Mariaberg e.V. für diese Zeit und planten sowohl die Schichtdienste als auch die Tagesstruktur für die 24 Bewohnerinnen und Bewohner mit Behinderung eigenständig. 

Tatkräftig zur Seite standen ihnen dabei die Fachkräfte der Einrichtung, die normalerweise in einem Personalspiegel von einem/einer Mitarbeitenden zu fünf Klientinnen und Klienten arbeiten. „Nun kamen zwei Mitarbeitende auf eine betreute Person. Das ist schon außergewöhnlich gut“, erzählt Miriam Stump, Pflegefachkraft mit Anleiterqualifikation. Dadurch war auch eine vielseitigere und individuell zugeschnittene Freizeitgestaltung für die Klientel möglich.

Dass das Haus so voll war, war für die Bewohnerinnen und Bewohner ungewohnt

Ein wenig Sorgen habe sich die Belegschaft dabei schon über das volle Haus gemacht, so Miriam Stump: „Das war ungewohnt für unsere Bewohner und wir wussten nicht, wie diejenigen unter ihnen reagieren würden, die sonst schnell überreizt sind.“ Das habe aber gut geklappt und viele Klient*innen des Angebots haben sich sehr über die jungen Leute gefreut. „Ich hatte davor keine Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Behinderung. Das ist schon anders als im Pflegeheim, man muss anders an die Sache herangehen“, resümiert Melissa Derr, Klassensprecherin des Jahrgangs. Nun könne sie sich aber auch eine zukünftige Arbeit in der Eingliederungshilfe vorstellen und sie habe den Eindruck, dass all ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter insgesamt gut zurechtgekommen seien.

Beim Pilotprojekt des Mariaberger Haus Faigle mit der Akademie für Gesundheit und Soziales wurden auch Freundschaften geschlossen: Wie zwischen Azubi Merlin Shabani und Bewohnerin Eva Brückner. © Foto: Mariaberg

Die Azubis gestalteten mit den Klientinnen und Klienten eine Sensorikwand

Gemeinsam mit den Klientinnen und Klienten gestalteten die Azubis unter anderem eine Sensorikwand: auf fest verschraubten Leinwänden wurden verschiedene Farben und Materialien aufgetragen, von Glassteinen über Fell und Schwämme, um die Sinne zu fördern. Auch ein Fotobuch wurde erarbeitet, in dem auch Malereien der Klientinnen und Klienten verewigt wurden.

Zum Tagesgeschäft gehört im Haus Faigle neben der Unterstützung bei der Körperpflege oder bei Mahlzeiten auch empathische Zuwendung. So hatte Bewohnerbeirätin Eva Brückner, die im Haus Faigle lebt, gleich zu Beginn ein besonderes Auge auf Azubi Merlin Shabani geworfen. Gemeinsam bastelten sie glitzernde Verlobungsringe aus Filz und Flausch – einer mit einem Herz, einer mit „M“ für Merlin – und „heirateten“ sogar in der Projektzeit.

Die Sinne anregen soll die Sensorikwand, die Azubis der Akademie für Gesundheit und Soziales beim Pilotprojekt im Mariaberger Haus Faigle für die Bewohnerinnen und Bewohner mit Behinderung gestaltet haben. © Foto: Mariaberg

Angebot zur Übernahme

Merlin Shabani macht es Spaß, den betreuten Menschen eine Freude zu machen – als neue Fachkraft im Unterstützungszentrum Balingen, das ebenfalls zum diakonischen Unternehmen Mariaberg gehört, hat er die Gelegenheit dazu. Er und alle anderen Auszubildenden des AGS-Jahrgangs, die den praktischen Teil ihrer Ausbildung in Mariaberger Angeboten absolvierten, wurden auch übernommen. Insgesamt hat der Mariaberg e.V. rund 50 Auszubildenden in sozialpflegerischen Berufen, die dieses Jahr ihren Abschluss machen, ein Angebot zur Übernahme unterbreitet. 

Dazu müssen alle Azubis im 3. Lehrjahr drei schriftliche Prüfungen und eine mündliche Prüfung bestehen sowie eine praktische Prüfung in ihren Betrieben ablegen. Ihre generalistische Ausbildung umfasst Kinder-, Alten- und Krankenpflege. Der Umgang mit Patientinnen und Patienten mit Behinderung ist ebenfalls ein Teil des Lehrplans.

Der Jahrgang ist bunt gemischt: von 18 Jahren bis Mitte 50 sind hier Auszubildende verschiedener Altersstufen und Hintergründe vertreten. „Man kann in jedem Alter gut lernen. Man lernt nur anders“, ist Kati Kovács überzeugt. Die 54-Jährige hat vor 34 Jahren eine Krankenschwester-Lehre angefangen und hatte sich vorgenommen: „Vor meinem Lebensende mache ich das nochmal fertig. Das ging nun schneller als gedacht. Mit der Lebenserfahrung geht man ganz anders an die Leute ran. Ich empfehle das jedem, der nochmal was Neues machen möchte.“ 

Pflegedienstleitung Andrea Steinhart: Auszubildende waren „so motiviert“

In Zeiten des akuten Personalmangels im Pflegebereich weckte das Pilotprojekt auch das Interesse des SWR, der die Azubis für einen Tag begleitete. Sebastian Schön, Lehrer an der AGS, bedankte sich bei allen Beteiligten: „Auch nochmal ein riesengroßer Dank ans Haus Faigle. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Einrichtung so ein Projekt mitmacht.“ Auch die Pflegedienstleitung Andrea Steinhart ist zufrieden und stellt den Azubis ein gutes Zeugnis aus: „Sie waren so motiviert und haben sich alle Infos geholt, die sie brauchten. Alle Schüler waren immer zuverlässig da, das war wirklich toll. Und ihre Berührungsängste vom Anfang sind nun weg. Wir stellen uns gern wieder zur Verfügung!“